Inhalt
1. Einführung
2. The artist is absent? Formen der Abwesenheit in der Performancekunst
2.1 Happening und Performance nach dem zweiten Weltkrieg
2.2 Performance – Eine Ästhetik der Präsenz?
2.2.1 Präsenz
2.2.2 Körper
2.2.3 Lebensform
2.3 Abwesenheiten
2.3.1 Verweigerung
2.3.2 Der verschwundene Künstler
2.3.3 Stellvertreter
3. Fazit
Literaturverzeichnis
Waren die performativen Künste einst jenes von Künstlern umkämpftes Feld, in dem eine Entgrenzung der Künste in das alltägliche Leben gefordert wurde, so scheinen sich zeitgenössische Werke der Performancekunst gerade am Diktum abzuarbeiten, untrennbar in das profane, politische, wirtschaftliche Leben eingeschrieben worden zu sein. Medienwirksame Selbstinszenierungen, das Prekariat der künstlerischen Arbeit selbst, als auch die zugrundeliegende performative Produktivkraft der Kunstschaffenden werden heute als Spätfolgen eines modernistischen Werkbegriffes verhandelt, in dem sich Künstler einer Teilhabe der Anwesenheitsökonomie nicht mehr zu entziehen vermögen scheinen. In diesem Spannungsfeld stellt sich die Frage, inwiefern künstlerische performative Arbeiten mit Formen der Abwesenheit verfahren, sei es des Künstlers, des Werkes, oder des Publikums. Zum einen markiert das Paar Anwesenheit/Abwesenheit eine grundlegende Dialektik der Formfrage der performativen Künste, zum anderen ist die Wirkmacht von Abwesenheit, ihrer potenziellen Anonymität, Mystifizierung und politischen Potenzialität, als ein spezifischer Ausdruckskanon zu vermitteln: Schweigen, Vergessen, Verschwinden, Verweigerung sind nur einige der künstlerischen Strategien, die eine Semantik der Abwesenheit zu formulieren scheinen.
Um die Frage nach der Abwesenheit als Form künstlerischer Arbeit in den performativen Künsten zu untersuchen, zeichnet die vorliegende Arbeit zunächst Performancekunst entlang ihrer kunsthistorischen Entwicklung seit dem Kriegsende nach, und versucht eine kunsthistorische Einordnung der Politisierung performativer Körper vorzunehmen. Sodann orientiert sich die weitere Arbeit entlang Fischer-Lichtes 2004 erschienener Ästhetik des Performativen. Dabei sollen anhand der Kategorien Präsenz, Körper und Lebensform diskutiert werden, welche Rolle sowohl Anwesenheit als auch Abwesenheit in der Performancekunst einnehmen. Zum einen liegt dabei ein besonderes Augenmerk auf Fischer-Lichtes Postulat, dass Präsenz nur durch Darsteller, nicht durch ihre Medialisierung oder durch Objekte erzeugt werden könne. Sodann wird untersucht, wie Fischer-Lichte Körper als Werkzeuge und Rahmung performativer Arbeiten begreift. Die Fallstricke performativer Künste, wie sie Fischer-Lichte in ihrer Ästhetik des Performativen zeichnet, sollen sodann anhand einer Untersuchung der Rolle der Institution Kunst betrachtet werden. Inwiefern performativ arbeitende Künstler mit Formen Abwesenheit als ästhetische Figur verfahren, wird im letzten Teil durch drei künstlerische Strategien der Abwesenheit vorgestellt: 1. Die Verweigerung als künstlerische Praxis, 2. das Verschwinden der Akteure und 3. durch die Stellvertretung der Performer durch dritte Personen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die vorgestellten Praxen und Formen nur einige der möglichen Ausprägungen darstellen und im Rahmen dieser Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.
1. Vgl. Angerer, Marie-Luise: Performance und Performativität. In: Butin, Hubertus [Hrsg.]: Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. Köln: Snoeck, 2014. S. 282.
2. Vgl. Bigsby, Christopher William Edgar: Zen, Happenings, Artaud, Grotowski. In: Bigsby: A Critical Introduction to Twentieth-Century American Drama: Volume 3 - Beyond Broadway, Cambridge: Cambridge University Press, 1985. S. 45.
3. Vgl. V. Hantelmann, Dorothea: ‚I Promise It’s Performative’. Zum Verhältnis von Performativität und zeitgenössischer Kunst. In: Erstic, Marijana; Schuhen, Gregor; Schwan, Tan-ja [Hrsg.]: Avantgarde – Medien – Performativität: Inszenierungs- und Wahrnehmungsmuster zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: transcript Verlag, 2005. S. 27.
4. Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2004. S. 23.
5. Gronau, Barbara: Aktion. In: Fischer-Lichte, Erika (u.a.) [Hrsg.]: Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 2014. S.3. Fischer-Lichte, 2004. S. 55.
6. Fischer-Lichte, 2004. S. 56.
7. Anm.: Das genannte Primat der Praxis findet sich im deutschsprachigen Raum beispielhaft in Jörg Immendorfs großformatiger Malerei „Wo stehst du mit deiner Kunst, Kollege?“ von 1973 wie eine Ikone des Aufrufs wieder. Ein Außenstehender protestierender Mann, des-sen Physiognomie an Rudi Dutschke erinnert, tritt von der Straße in das Atelier des Ma-lers und fordert ihn gestisch zur Teilhabe des Protests auf.
8. Thomas, Karin: DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Köln: DuMont, 1989. S. 86.
9. Fischer-Lichte, 2004. S. 356.
10. V. Hantelmann, Dorothea, 2005. S. 30.
11. Fischer-Lichte, 2004. S. 350.
12. Anm.: „Denn die Aura ist an sein Hier und Jetzt gebunden. Es gibt kein Abbild von ihr. Die Aura, die auf der Bühne […] ist, kann von der nicht abgelöst werden, die für das lebendige Publikum um den Schauspieler ist […]. Das Eigentümliche der Aufnahme […] aber besteht darin, daß sie an der Stelle des Publikums die Apparatur setzt.“ Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Ebd. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2003. S. 25.
13. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S 173.
15.Vgl. Phelan, Peggy: The Ontology of performance: Representation without Reproduction. In: Phelan: Unmarked. The Politics of Performance. London, New York: Routledge, 1993. S. 146.
16. Vgl. Angerer 2014, S. 283.
17. Vgl. Fischer-Lichte, 2004, S. 127.
18. Vgl. Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Es-says. Boston: Beacon Press, 1989. S. 8.
19. Vgl. Fried, Michael: Art and Objecthood. Essays and Reviews. Chicago, London: University of Chiacgo Press, 1998. S. 2; S. 48.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs entwickelten die performativen Künste neue Formate, innerhalb derer eine zunehmende Interaktion mit dem Publikum in Erscheinung trat.[1] „Happening“ als Begriff, den der US-amerikanische Künstler Allan Kaprow einführte,[2] bezeichnet jenes performative Format, das sich zunächst von künstlerischen Konventionen rigider, objekthafter Werke absetzen wollte, indem es mittels gesellschaftskritischer Aktionen eine direkte Beteiligung der Zuseher forderte.[3] Der menschliche Körper als Darsteller rückte so von der Theaterbühne in den Ausstellungsraum, in die Öffentlichkeit und soziale Institutionen und wurde selbst Mittel der Produktion in den bildenden Künsten.
Im deutschsprachigen Raum waren es vor allem die Wiener Aktionisten, die durch den eigenen Körper – zunächst in privaten Räumen und Ateliers, später auch unter Publikum im öffentlichen Raum oder Ausstellungsräumen – mit provozierenden Darstellungen direkten Bezug auf die politischen Gegebenheiten und kulturellen Konventionen ihrer Zeit formulierten. Die zwischen Sexualisierung, Gewalt und ritualistischer Häresie oszillierende Formensprache der Wiener Aktionisten adressierte nicht nur den österreichischen Katholizismus und die Prüderie der österreichischen Gesellschaft ihrer Zeit, sie war ebenso als Versuch zu lesen, die Grenzen des gesellschaftlich möglichen stetig zu überschreiten. So eskalierten die performativen Arbeiten der Wiener Aktionisten in dionysische Spektakel, in denen Tabubruch und Schock als Werkzeuge zur Involvierung der Zusehenden eingesetzt wurden: „Sie wurden mit Blut, Kot, Spülwasser und anderen Flüssigkeiten bespritzt und erhielten Gelegenheit, selbst mit ihnen zu plantschen, das Lamm selbst auszuweiden, Fleisch zu essen, Wein zu trinken.“[4] Ziel war es schließlich, die Grenzen zwischen Kunst und Leben restlos zu beseitigen: „Kunst ist zum Leben durchgedrungen. Nichts wird mehr gespielt, dargestellt, simuliert oder interpretiert. Kein Schauspieler spielt eine Rolle[,] alles ereignet sich wirklich, das Leben ist es, das sich durch die Aktion bewusst erkennt und registriert hindurch vollzieht.“[5]
Der Paradigmenwechsel vom künstlerischen Objekt zum performenden Körper des performative turn wandte sich in den Folgejahren der Nachkriegszeit von der Hermeneutik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ab und ersetzte referentielle Zeichensysteme, wie sie der Moderne kennzeichnend sind, durch „ihre spezifische Ästhetizität in ihrer Ereignishaftigkeit.“[6] Dies beinhaltete unter anderem den Prozesscharakter performativer Arbeiten, deren Entfaltung im Hier und Jetzt zu erfahren und, vor allem in den frühen Arbeiten der 1950er und 1960er Jahre, durch ihre Ergebnisoffenheit gekennzeichnet waren.[7] Die gesellschaftliche Politisierung im Rahmen der 68er Bewegung drängte ebenfalls die Performancekünstler aus den privaten Räumen und Ateliers in den öffentlichen Raum und forderte anstelle weiterer Theoretisierung ein Primat der Praxis, ebenso in den Künsten. Waren die Beginne der performativen Arbeiten zunächst oft einem kleinen Publikum des dem Künstler eigenen erlesenen Kreises vorbehalten, forderten die neuen politischen Bewegungen eine Sichtbarkeit und ein Handel jenseits geschützter Räume.[8] Happenings wurden zusehends aktivistischer konzipiert, nahmen realpolitische Bezüge auf und versuchten sich durch die Sozialisierung des Werkes als Bild zu befreien, um einen erweiterten Kunstbegriff zu formulieren: „Die Komposition aller Materialien, Aktionen, Bilder und ihrer Raumzeitbezüge sollte in einer so kunstlosen wie praktischen Weise erfolgen.“[9]
Unter dem Credo des Performativen etablierte und institutionalisierte sich die performative Kunst seit den 1970er Jahren als „[e]ine Ästhetik des Performativen, [die auf] diese Kunst der Grenzüberschreitung [zielt].“[10] Die anfängliche Hoffnung auf eine freie, weil zunächst als fluide und systemisch belebt wahrgenommene, Form künstlerischen Ausdrucks, die sich dem institutionellen Rahmen verweigert, diesen kritisch zu reflektieren vermag, mündete schließlich in der Tautologie eines performativen Werkbegriffs,
weil es eben auch kein nicht-performatives Kunstwerk geben kann. So wie jede künstlerische ‚Äußerung‘ eine Form und einen Gehalt hat […], hat auch jedes Kunstwerk eine performative Dimension.[11]
Insofern gestaltete sich die Beziehung von Kunst und Leben als untrennbar miteinander verwoben, da Performance „Präsenz nicht allein [zu] produzieren, sondern Präsenz [zu] präsentieren“ [12] vermag. Dem Werk als präsente Einheit, aus einem menschlichen Körper oder an einem rigiden Objekt hervorgebracht, kommt mit dem performative turn ebenfalls eine auratische Qualität zu, dessen Verständnis vielmehr auf der unmittelbaren Erfahrung eines künstlerischen Prozesses als Ereignis basiert, als auf der Kontemplation symbolischer Referenzen.[13] [14] Für die performativen Künste bedeutete dies, dass Formate wie das Happening, Musik- und Live-Performances usw., immer auch an einen Materialismus verknüpft waren, der sich in Form von Requisiten, schriftlichen Zeugenberichten, oder fotografischen Dokumentationen aufzeichnete. Die Erweiterung des Werkbegriffes von künstlerisch hervorgebrachten Objekten auf menschliche Körper und ihrer Performativität geht einher mit einem Zusammentreffen der visuellen und darstellenden Künste, deren Übersetzungsprozess zwischen Körper, Raum und Wahrnehmung von Beginn an auch an ihre Medialisierung gebunden war.[15] Mittels Fotografie, Film und später auch Video, spielten dokumentarische Technologien eine immer bedeutsamere Rolle bei der Frage, wie zeitlich ephemere Ereignisse konserviert oder abwesenden Zusehenden vermittelt werden können.[16] [17]
In Anbetracht Clement Greenbergs zentraler Forderung einer ontologischen Medienspezifizität der abstrakten Malerei, die als Versuch der Abgrenzung und Verteidigung gegen eine Mischung mit anderen künstlerischen Medien gedeutet werden kann, waren die neuen performativen Formate zugleich eine direkte Reaktion auf sein Verständnis eines historischen Formalismus künstlerischer, vor allem traditioneller, Gattungen.[18] Der Horizont unmittelbarer ästhetischer Erfahrung, wie ihn die performativen Künste anboten, kontrastierte mit Greenbergs modernistischen Werkbegriff, dem außer Oberfläche und Autonomie keine weiteren Anschlüsse an medienübergreifende Formate zugestanden werden. Aus dem performative turn entwickelten sich so Formen künstlerischer Produktion, die als Devianz der Tradition und zur Dramatisierung der ästhetischen Erfahrung keine auf einen Darsteller bezogene Aufführung mehr benötigten. Die Belebung des Werkbegriffs durch die Interaktion des Publikums ermöglichte eine Reflexion über Objekte als Quasi-Schauspieler, die nicht als Stellvertreter, sondern als Requisiten sozialen Handelns verstanden wurden. So verhandelte Michael Fried die auf ihre Form reduzierten Objekte der Minimal Art als Inszenierungen innerhalb einer theatralen Tradition. Der Begriff der Performativität wurde auf Artefakte, Objekte, Requisiten übertragen.[19] Anhand der kunsthistorischen Entwicklung lassen sich über die Erweiterung des Performativen auf nichtmenschliche Entitäten zweierlei Bedeutungen erkennen: Zum einen wurde die Anwesenheit menschlicher, performender Akteure nicht mehr zwangsläufig notwendig, um eine Zuschreibung zum Performativen zu treffen, zum anderen verhandelte man von nun an performative Qualitäten an unbelebten Artefakten und verdeutlichte so die Redundanz des Performavititätsbegriffes.
Abwesenheit begann zusehends als Strategie künstlerischen Handelns in Erscheinung zu treten, die sich einem Diktum der Präsenz beispielsweise durch Verweigerung der Institution der Kunstwelt, oder das physische Verschwinden des Künstlers als Experiment des Performativen, zu entziehen versuchte. Doch bis heute wird sich sowohl in der Theorie als auch in der künstlerischen Praxis am Begriff der Präsenz in den performativen Künsten abgearbeitet. War die Politisierung performativer Körper in ihrer kunsthistorischen Entwicklung eine kopernikanische Wende, so scheint die Notwendigkeit der Präsenz (des Performers, des Werkes, der Zusehenden, etc.) noch immer eng verknüpft mit der Frage nach Anwesenheit selbst, der Körper der Akteure, sowie ihre Politisierung.
20. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 173.
21. Fischer-Lichte, 2004. S. 174.
22. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 174.
23. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 127.
24. Vgl. ebd.
25. Ebd.
26. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 128.
27. Vgl. ebd.
28. Fischer-Lichte, 2004. S. 280.
29. Fischer-Lichte, 2004. S. 255.
30. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 255 f.
31. Fischer-Lichte, 2004. S. 258.
32. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 261.
33. Fischer-Lichte, 2004. S. 257.
34. Angerer, 2014. S. 283.
35. Fischer-Lichte, 2004. S. 264.
36. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 269.
37. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351f.
38. Fischer-Lichte, 2004. S. 352.
39. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
40. Fischer-Lichte, 2004. S. 353.
41. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351.
42. Vgl. Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Es-says. Boston: Beacon Press, 1989. S. 9.
43. Vgl. Krauss, Rosalind: The Originality of the Avant-Garde and Other Modernist Myths. Cambridge: MIT Press, 1985. S. 2.
44. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 355
45. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 356f.
46. Vgl. Phelan, 1993. S. 146.
47. Vgl. ebd. S. 147.
48. Ebd.
49. Vgl. ebd. 149.
50. Vgl. ebd. S. 164f. [Anm.: Phelan bezieht sich auf Jacques Lacans Begriff des Objekt a („ob-jet petit a“), das durch seine Unerreichbarkeit als Zielobjekt grundlegend das begehrende Subjekt motiviert.]
51. Vgl. ebd. S. 152.
52. Vgl. ebd. S. 164.
53. Phelan, 1993. S. 165.
54. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
55. Angerer, 2014. S. 283.
Fischer-Lichte verfolgt Performativität entlang ihrer historischen Diskurse in den Theaterwissenschaften, bedient sich jedoch ebenso kunsthistorischer und kunsttheoretischer Analysen. Dabei argumentiert Fischer-Lichte maßgeblich für eine Autonomie künstlerischer, performativer Arbeiten, da einzig diese dazu in der Lage seien, Präsenz zu erzeugen.[20] Dokumentationen und verbleibende Material(spuren) von Performances „vermögen […] Präsenz-Effekte zu erzeugen, nicht jedoch Präsenz.“[21] Sie argumentiert, dass mediale, technische Medien nur deshalb eine Präsenz-ähnliche Wirkung entfalten, da die spezifische Spaltung zwischen Dargestelltem und tatsächlichem Vollzug einer Performance im Hier und Jetzt in ein ambivalentes Verhältnis zueinander stellen.[22] Aufführungen, wie Performances, verfügen nach Fischer-Lichte nicht über konservierbare Materialitäten.[23] Performative Formate sind „flüchtig“ und fundamental auf ihre Kontingenz angelegt.[24] Dokumentationen von Aufführungen seien möglich, jedoch, so Fischer-Lichte, schafft die Dokumentation selbst den ontologischen Beweis einer performativen Spezifizität: Die performative Arbeit „schafft erst die Bedingungen der Möglichkeit, um über Aufführung sprechen zu können.“[25] Dabei liefert der Dokumentationsversuch die Möglichkeit, über das Ephemere des Performativen hinzuweisen.[26] Das Ephemere wird im Dokument transformiert und schreibt sich in andere Medien, wie dem Bewegtbild oder der Fotografie als Verweis ein.[27] Für Betrachter bedeutet dies, dass die medial vermittelte Dokumentation der Aufführung eigenen spezifischen Regeln folgt, die sich „im Prozess [der] Erzeugung verselbstständig[en] und sich so von [ihrem] Ausgangspunkt […] immer weiter entfernen.“[28] Letztlich, so Fischer-Lichte, entstehen Werke, die mit der ursprünglichen Performativität nicht mehr viel gemein haben. Ihnen kommt eine Präsenz-ähnliche, jedoch der Performativität wesensfremde Funktion zu.
Dabei unterscheidet Fischer-Lichte zwischen Präsenz und „Repräsentation“.[29] Während Präsenz als unmittelbare Fülle von Erfahrung, sprich Authentizität definiert wurde, beschreibt Repräsentation eine Stellvertreterinstanz. War der „nackte Körper“ des Performers seit jeher Schauplatz einer unvermittelten Echtheit, galt Repräsentation auf eine theatrale Konstruktion zu verweisen.[30] Das Publikum selbst bewegt sich dabei im Akt der Wahrnehmung ständig zwischen beiden Instanzen und wird „sich zunehmend bewusst, dass [es] nicht Herr des Übergangs ist.“[31] So entsteht eine aktive Teilhabe des Publikums, die als Wechselwirkung oder feedback-Schleife mit den Darstellern die Fülle theatraler Erfahrung erzeugt.[32] Dabei behält sich Fischer-Lichte jedoch vor, dass es „nicht darum gehen [kann], eine psychologische Erklärung für dieses Phänomen zu suchen.“[33] Wie die deutsche Medienwissenschaftlerin Marie-Luise Angerer anmerkt, bedeutet die Ausklammerung des Affekts aus der Performativität sodann nur, „dass jemand vor einem Publikum agiert. Damit wird nicht nur der Begriff der Performativität, wie er in der Sprachphilosophie […] entwickelt wurde, sinnlos überstrapaziert; auch die performative Dimension, wie sie Judith Butler als als unbewusstes Tun eingeführt hat, wird hierbei ausgeklammert.“[34] Fischer-Lichte argumentiert wohlgleich, dass „das wahrnehmende Subjekt keine tabula rasa [Hervorh. im Orig.] dar[stellt. …] Es hat vielmehr in seiner bisherigen Lebensgeschichte bereits eine Fülle von Bedeutungen erzeugt, an die es sich erinnert“[35] und so performative Werke erfahren kann. Innerhalb dieses Rezeptionsbegriffes changiert das Publikum zwischen selbstbestimmter, autonomer Wahrnehmung und passiver, verführender Wahrnehmung.[36] Es lässt sich erkennen, dass Fischer-Lichte Affekte der Wahrnehmung zugunsten eines starken Autonomiebegriffes der Künste weniger Bedeutung zukommen lässt. Ihr Bezug auf die psychologische Ebene menschlicher Wahrnehmung performativer Ästhetik geschieht hier allein auf der Ebene der Bedeutungsinterpretation des Publikums. Lebens- und Produktionsrealitäten bildender Künstler, die maßgeblich das Werk beeinflussen, werden zugunsten einer Rezeptionsästhetik der feedback-Schleife ausgeklammert. Das Reale der Performancekunst jenseits ihrer symbolischen oder semiotischen Bedeutung scheint hier vielmehr auf ihren Aufführungscharakter in der Institution Kunst – und damit meint Fischer-Lichte vor allem die Institution Theater – komprimiert zu sein. Im Gegensatz zu Angerer argumentiert Fischer-Lichte für eine spezifische Autonomie des Performativen innerhalb der Institution Kunst:[37]
Eine Aufführung gilt als künstlerisch, wenn sie im Rahmen der Institution Kunst stattfindet; sie ist den nicht-künstlerischen Aufführungen zuzurechnen, wenn sie im Rahmen der Institutionen Politik, Sport, Recht, Religion etc. veranstaltet wird. Ausschlaggebend sind also (…) weder ihre spezifische Ereignishaftigkeit, noch die […] Inszenierungsstrategien oder die ästhetische Erfahrung, welche sie ermöglichen. Es ist vielmehr der institutionelle Rahmen. [38]
Im direkten Vergleich zum oben angeführten Repräsentationsbegriff der theatralen Aufführung scheint Fischer-Lichte der Institution Kunst selbst eine Authentizität zuzugestehen, die als unvermittelte Potenz ihrer eigenen Autonomie folge und ihre eigenen Gesetze kreiere und sich „bis heute als stabil erwiesen [habe].“[39] [40] Unter diesem Vorzeichen ist es die Spezifizität der Institution Kunst selbst, die Künste und deren Wahrnehmung ermögliche. Ihr Framing als Kunst lässt die Dramatisierung des Alltäglichen, wie man in den Neo-Avantgarden der Nachmoderne nachzeichnen konnte, von der tatsächlichen Realität unterscheiden und so als künstlerisches Werk erfahren.[41] Dabei lässt sich eine Parallele zu Greenbergs Rettungsversuch der historischen Avantgarde aufzeigen:[42] Die Institutionalisierung der Moderne, wie sie Greenberg mittels Rückbezug auf die Wurzeln der malerischer Traditionen forderte, geht einher mit der Spaltung des Künstlerischen vom Produktions- und Lebensalltag des Produzenten.[43] Die Betonung der Institution als Wahrnehmungsrahmen schafft so eine immanente Logik der institutionellen Konformität, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint: „Denn [die Künstler] praktizieren Kunst gerade als Kunst der Grenzüberschreitung.“[44] Für Fischer-Lichte ist die Ästhetik des Performativen eine Kunst der Grenzüberschreitung, die nur im Gefüge der Institution Kunst Konfrontation erlaubt.[45] Affekte der Grenzüberschreitung lassen sich bei Fischer-Lichte nur in Beziehung zur Wahrnehmung denken.
Anders begreift die US-amerikanische Theoretikerin Peggy Phelan die Bühne der medialen Vermittlung und der Präsenz performativer Künste. In The Ontology of Performance argumentiert Phelan, dass die zunehmende Institutionalisierung dafür Sorge trägt, nicht nur Werke zu konservieren, sondern gleichwohl Kontrolle über ihren Diskurs zu erlangen.[46] Da performative Formate nicht wiederholbar sind, zeugen ihre Dokumente, wie Gedächtnisprotokolle und Nacherzählungen, von einem unwiederbringlichen Verlust.[47] Dieser scheint umso schwerwiegender, da Performance immer an belebten Körpern arbeitet: „The disappearance of the object is fundamental to performance.“[48] So vergleicht Phelan die Ontologie des Performativen als die unmittelbare Erfahrung der eigenen Subjektivität.[49] [50] Die Gleichzeitigkeit der Verfügbarkeit einer gegenwärtigen Performance und ihrem aufkommenden Vergehen situiert das Publikum in einem Wechselspiel, in dem es den eigenen, unvermittelten Mangel erfahren kann. Da die Performance nicht reproduzierbar ist, sind Aufführung jener Ort, an dem die eigenen Begehren der Zuseher unmittelbar adressiert werden können. Die Projektion auf das Geschehene vermittelt sich durch das Ephemere, dem potenziellen Verlust des Performativen. Die dargebotene Darstellung stellt so ein Stellvertreter des eigenen Begehrens dar, vom Anderen gesehen zu werden – und geht einher mit ihrer Verlustangst.[51] Für Versuche, performative Arbeiten medial zu konservieren, gilt daher, dass auch technische oder sprachliche Medien und Dokumentationen stets die Übertragungen eigener, unstillbarer Begehren vermitteln.[52]
Bei Phelan lässt sich zeigen, dass das Publikum nicht nur mittels feedback-Schleife auf das Geschehene stetig eingreift, sondern dass auf einer unbewussten Ebene ständig Präsenz erzeugt wird. Dies geschieht durch den Verweis des Performativen auf ihr Abhandenkommen. Der Performance kommt so eine reale Qualität zu, die es ermöglicht, die Abhängigkeit von Zuseher und Akteur als Verhältnis von Sichtbarkeit und Begehren zu adressieren. So können auch mediale Dokumentationen des Performativen den Verlust schmerzhaft spürbar machen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, dass die Performance im Rahmen der Institution Kunst stattfindet. Im Gegenteil:
Institutions whose only function is to preserve and honor objects […] are intimately involved in the reproduction of the sterilizing binaries of self/other, possession/dispossession […] which are increasingly inadequate formulas for representation. [53]
Stellt bei Fischer-Lichte die Institution Kunst jene Rahmung dar, die es überhaupt erst ermöglicht, ohne Sanktionen eine Grenzüberschreitung zu vollziehen und nur so adäquat konsumiert werden kann,[54] leistet Phelans Berücksichtigung des Unbewussten eine Perspektive des Performativen jenseits ihrer institutionellen Rahmung. Angerer kommentiert: „Performance Art unternimmt demnach den Spagat, für einen Moment das zu zeigen, was sich zwischen Körper und Psychischem ereignet.“[55] Für die Dichotomie zwischen Präsenz und Repräsentation bedeutet dies zum einen, dass Präsenz auch in Form eines Verweises auf Abwesenheit erzeugt werden kann. Zum anderen ist die Beziehung von Präsenz und Repräsentation davon geprägt, dass Repräsentation durch einen Machtanspruch erzeugt wird, der oftmals von der Institution Kunst ausgeht.
56. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
57.Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
58. Fischer-Lichte, 2004. S. 130.
59. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
60. Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
61. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 131.
62. Fischer-Lichte, 2004. S. 153.
63. Vgl. Merleau-Ponty, Maurice: Phenomenology of Perception. London, New York: Routledge, 2002. S. 185.
64. Vgl. ebd. S. 31f.
65. Merleau-Ponty, Maurice; Bermes, Christian [Hrsg.]: Zeichen. Hamburg: Felix Meiner Ver-lag, 2007. S. 20.
66. Vgl. Merleau-Ponty, 2002. S. 94.
67. Vgl. ebd. S. 249.
68. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 136f.
69.. Fischer-Lichte, 2004. S. 137.
70. Fischer-Lichte, 2004. S. 352.
71. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351.
72. Fischer-Lichte, 2004. S. 133.
Wie bei Fischer-Lichte zu sehen war, erfordern Performances ein rezeptives Publikum, das der Performance beiwohnt. Performative Körper agieren durch den Aufführungscharakter stets im Rahmen ihrer Institutionalisierung. Fischer-Lichte spricht sich dafür aus, dass Grenzüberschreitungen nur innerhalb dieses Rahmens stattfinden können. Die Autonomie der Kunst erlaubt dem Künstler eine sanktionslose Praxis gesellschaftlicher, wie körperlicher Grenzüberschreitungen. Die Handlungsmacht performativer Körper wird dabei als ästhetische Formulierung innerhalb der Institution Kunst ermöglicht. Daraus stellt sich die Frage, welche Materialitäten und Körperlichkeiten letztlich überhaupt in Fischer-Lichtes Ästhetik des Performativen erzeugt werden können. Welche Bedeutung kommt der institutionellen Rahmung für Körperlichkeiten zu, denen ein normativer Zugriff abseitig, oder gar abwesend ist?
Als Produktionsmaterial, namentlich dem eigenen Körper, lässt sich der Produzent nicht ohne das eigene Arbeitsmittel denken.[56] Wie zwischen Präsenz und Repräsentation nimmt Fischer-Lichte eine Unterscheidung vor: Sie verweist auf die historische Dichotomie des Körperlichen in das „leibliche In-der-Welt-Sein“[57] und der „Verkörperung“[58] einer theatralischen Figur. Anhand dieses Narrativs argumentiert sie für ein notwendiges „Sowohl-als-auch“[59] beider Denkfiguren. Sowohl der Leib des Darstellers als auch seine inszenierte, theatralische Figur, lassen sich nur in gegenseitiger Abhängigkeit denken. Der Darsteller überführt den eigenen Körper mittels künstlerischen Ausdrucks vom eigenen „Leib-Subjekt“[60] in ein Körper-Subjekt der dargestellten Figur. Als Vermittler verleiht der Performer seinem Publikum einen Ersatzkörper, durch den es sich selbst im Körper des Darstellers und in der dargestellten Figur, der „dramatis personae“, empfinden kann.[61] Dieser Moment erzeugt Präsenz. Jedoch bleibt dabei der Leib des Darstellers die „Bedingung der Möglichkeit jeder kulturelle[n] Produktion.“[62] Als embodiment bleibt der Akt der künstlerischen Hervorbringung menschlichen Körpern vorbehalten. Repräsentation wird hier zugunsten einer Verknüpfung von Leib und Milieu ausgelassen. Jedoch, so meine Vermutung, lässt sich die Rolle der Repräsentation nicht vorschnell aus der Gleichung herauskürzen. Denn wenn Fischer-Lichte argumentiert, dass Grenzüberschreitungen nur im Rahmen der Institution Kunst möglich sind, dann sind performative Körper auch stets durch die Institution Kunst gerahmt und stehen in einem realen Spannungsverhältnis zu ihr.
Embodiment als Vereinigung des Leibes und kultureller Umwelt, aus der die Welt erfahren wird, geht auf das Spätwerk des französischen Philosophen Merleau-Ponty zurück. Seine Theorie des Fleisches ist ein Versuch, die Möglichkeiten der Erfahrung aus der existenziell körperlichen Bedingung des eigenen Körpers herzuleiten.[63] Dabei sind Leib und Geist jedoch keine getrennten Einheiten.[64] Als „Fleisch“ bezeichnet Merleau-Ponty jenes Erleben, das mittels Leibes sensorisch wahrgenommen wird, um sodann geistig verarbeitet zu werden, um Bedeutung zu generieren:
Denn sie [die Anderen] sind keine Fiktionen, mit denen ich meine Wüste bevölkerte, […], sie sind vielmehr […] das Fleisch meines Fleisches. Zwar lebe ich nicht ihr Leben, sie bleiben definitiv entfernt von mir, und ich bleibe entfernt von ihnen. Aber diese Distanz erweist sich als eine seltsame Nähe, sobald man das Sein des Sinnlichen wiederfindet, denn das Sensible ist genau das, was mehr als einen Körper heimsucht, ohne sich vom Fleck zu rühren. [65]
Dabei steht der Geist, ebenso wie der Leib, in einem direkten Bezug zu seiner kulturellen und gesellschaftlichen Formung, seinem Milieu, aus dem er hervorging.[66] Jede Erkenntnis durchläuft so beide Instanzen, die geistige und körperliche, die als Einheit, als Einheit des Fleisches wahrgenommen wird. Wie Merleau-Ponty jedoch hervorhebt, sind beide Instanzen nicht ausgewogen. Die kulturelle, institutionelle Prägung ringt um die der sensorisch-sinnlichen Sphäre.[67]
Zwar begreift Fischer-Lichte performative Körper aus ihrer spezifischen, eigenen Kontextualität, wie Physiognomie und Kapazität.[68] Doch vermisst ihre Argumentation die der unbewussten Prägung durch das Milieu des Performers. Auch die Institution Kunst ist prägender Teil dieses Milieus. Da das „Phantasma einer vollkommenden Beherrschbarkeit des Körpers“[69] zur Hervorbringung von Bedeutung in zeitgenössischen Diskursen nicht mehr haltbar ist, weil Darsteller immer aus einer gewissen kulturellen, geistigen, körperlichen Herkunft ihre Arbeit hervorbringen, findet im Begriff embodiment eine notwendige Zäsur statt, die Erfahrung und Erzeugung von Bedeutung durch den individuellen Körper des Darstellers ermöglichen.
Körper, die sich einer normativen Zuschreibung entziehen, würden nach Fischer-Lichte nur als Grenzüberschreitung innerhalb des Framings der Künste geduldet werden. Dies spricht erst einmal dafür, dass die Institution Kunst tatsächlich eine sichere Zone für Nonkonfirmität schafft. Jedoch bedeutet dies zugleich, dass non-konforme Körper mit ihrer Eingliederung in die normative Struktur zu rechnen haben. Die Subsumption unter der Institution Kunst würde damit jegliche Form des Abseitigen redundant gestalten. Der Begriff des Performativen, wie ihn Fischer-Lichte vorschlägt, läuft unter der Ausklammerung der unbewussten Sphären (geschlechtlicher) Performativität Gefahr, embodiment als eine sprichwörtliche incorporation nicht-normativer Körper zu verstehen: „Es war allein die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Institution, die hier eine solche Zuordnung [als Kunst] erlaubte.“[70] Die von non-konformen Körpern erzeugte Präsenz spräche dann vielmehr für die Abwesenheit ihrer Möglichkeiten in den Künsten. Und dennoch spricht sich Fischer-Lichte für eine klare Trennung von Performance und alltäglicher Realität aus. Die Dramatisierung der kulturellen Einbettung sei nur innerhalb der Kunst hervorzubringen.[71]
Diese Übertragungsarbeit des Performers geht gleichermaßen mit einer „Entkörperlichung bzw. Entleiblichung“ einher, da sich das Ephemere gerade im Ringen des leiblichen Körpers um eine Erschaffung eines „‘rein‘ semiotische[n] Körper[s]“[72] entsteht. In diesem Wechselspiel von Darsteller und dargestellter Figur zeigt sich nach Fischer-Lichte das Flüchtige am performativen Körper. Sie bewegen sich so stets auch an der Grenze zu ihrem eigenen Abhandenkommen. Unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Theorie des Fleisches von Merleau-Ponty wäre zu argumentieren, inwiefern embodiment auch die Verkörperung der Institution Kunst meint und welche künstlerischen Verfahren es ermöglichten, jenseits der Autonomie künstlerischer Institutionalisierung zu blicken. Waren die Grenzüberschreitungen der Neo-Avantgarde wohlmöglich gerade deshalb folgenreich, weil sie als Kunst verhandelt wurden, so zeigen sich seit den 1970er Jahren zunehmend Grenzüberschreitungen in den performativen Künsten, die eine intrinsische, vorher unsichtbare, unbewusste Grenze überschritten. Sie verlassen die Ebene des rein körperlichen und stehen im direkten Bezug zur Lebensform des Künstlers als performativen Akteur eines Milieus.
73. Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frank-furt/Main: edition suhrkamp, 2002. S. 11.
74. Agamben, Giorgio: L’uso dei corpi. Homo sacer, IV, 2. Vicenza: Neri Pozza Editore, 2014. S. 395f.
75. Vgl. Agamben, 2014. S. 396.
76. Agamben, 2014. S. 399.
77. Agamben, 2002. S. 14. [Anm.: Es sind vor allem die großen Tragödien der Moderne, wie etwa der Holocaust und „die Struktur der großen totalitären Staaten des 20. Jahrhunderts“ (ebd.) anhand derer Agamben arbeitet.]
78. Vgl. Agamben, 2002. S. 11.
79. Lütticken, Sven: General Performance. In: e-flux Journal, Nr. 31, Januar 2012. https://www.e-flux.com/journal/31/68212/general-performance/ Zuletzt aufgerufen: 22.08.2019, 12:08 Uhr.
80. Ebd.
81. Agamben, 2002. S. 19.
82. Agamben, 2014. S.166.
83. Vgl. Agamben, 2002. S. 14.
84. Agamben, 2014. S. 264.
85. Agamben, 2002. S. 13.
86. Agamben, 2002. S. 19.
Wir haben gesehen, dass performative Körper als embodiment an die Möglichkeiten ihres eigenen Leibes und ihrer kulturellen Einbettung gebunden sind. Fischer-Lichte argumentiert für eine Autonomie der Institution Kunst. Diese Rahmung erlaubt ein Ungleichgewicht präsenter und abwesender Körper. Sowohl in ihrer rein physischen als auch ihrer repräsentativen Form. Abwesende Körper stellen für Fischer-Lichte eine bewusste Auslotung der Grenzenzziehung in den Künsten dar. Für Körper, die sich jenseits normativer Zuschreibung bewegen und performative Arbeiten, die Grenzüberschreitung jenseits eindeutig definierter Grenzen (wie des Tabus) betreiben, ist es notwendig, auch die Funktion der Lebensform zu untersuchen. Denn wo bei Fischer-Lichte für eine Autonomie der Künste geschrieben wird, stellt sich diese als weitaus folgenreicher dar, möchte man die Normierung körperlicher Kondition kritisch betrachten. Wie gestaltet sich also An- und Abwesenheit in Anbetracht gesellschaftlich, ökonomisch, kulturell eingebetteter Lebensformen?
Giorgio Agambens Interpretation der Lebensform, als ein Versuch, die modernistische Konzeption des politisierten Menschen aus ihren vormodernen Entwicklungen und historischen Bedingungen herzuleiten, begründet er auf der Organisation des Lebens in die Spaltung zwischen zoé, dem nackten Leben, die „einfache Tatsache des Lebens“ und bíos, der Form des Lebens, dem Lebensstil, der Lebensart.[73] Dabei argumentiert Agamben, dass es kein bloßes, nacktes Leben ohne einer Lebensform geben kann:
Col termine forma-di-vita, intendiamo […] una vita che non può mai essere separata dalla sua forma, una vita in cui non è mai possibile isolare e mantenere disgiunta qualcosa come una nuda vita.[74]
Agamben begründet dies dadurch, dass jegliches menschliches Leben immer an Machtstrukturen gebunden ist.[75] Diesen Machtstrukturen geht der Wille einher, nicht nur die Lebensform menschlicher Entitäten zu bestimmen, sondern zugleich das körperlich, biologische, nackte Leben: „La vita, nello stato di eccezione divenuto normale, è la nuda vita che separa in tutti gli ambiti le forme di vita dalla loro coesione in una forma-di-vita.“[76] Wenngleich Agamben als Ethiker anhand politischer Krisen und historischen Machtansprüchen über das menschliche westliche Leben schreibt,[77] so lässt sich seine Theorie doch auch auf eine Zustandsfrage der Präsenz und Abwesenheit in der Ästhetik des Performativen anwenden. Wie wir bereits gesehen haben, stehen die performativen Künste in einem Spannungsverhältnis von An- und Abwesenheit, sowohl ihrer unmittelbaren Ästhetik als auch der aufführenden Körper. Wie bei Phelan zu sehen war, vollzieht sich ihre institutionelle Rahmung nicht ohne Machtansprüche seitens der Institution, aber auch seitens der Künstler. Wurde gerade in den performativen Künsten eine Eingliederung der Künste in das alltägliche Leben gefordert, stellt sich die Frage, inwiefern Performance heute noch eine Form der Lebenskunst im Sinne der bíos darstellen kann.
Die Subsumption durch ökonomische wie institutionelle Strukturen des Ästhetischen spräche zunächst dafür, Performance selbst als zoé, als Form des nackten Lebens, zu diskutieren. Nicht zuletzt muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich auch Performer in ihrer künstlerischen Tätigkeit zu vorherrschenden Marktbedingungen und dem Konsum durch ein Publikum verhalten müssen. Ihre körperliche Anwesenheit scheint notwendig zu sein, um eine Rezeption (und nicht zuletzt Entlohnung) ihrer Arbeit zu ermöglichen. Insofern wäre Kunst als Arbeit eine Realität, die sich nicht aus ihrer Qualifizierung definiert,[78] sondern aus ihrer ökonomischen, kulturellen, sozialen Notwendigkeit. Der niederländische Kunsttheoretiker Sven Lütticken diskutierte unlängst, dass Performance heute nicht mehr nur performative Künste, sondern den Begriff der Produktivität der Arbeit selbst meint: „In today’s economy, it not only refers to the productivity of one’s labor but also to one’s actual, quasi-theatrical self-presentation, one’s self-performance in an economy where work has become more dependent on immaterial factors.“[79] Künstlerische Arbeit findet heute vielmehr jenseits des modernistischen Werkbegriffs statt: „giving talks, going to opening, being in the right place at the right time.“[80] Damit weitete sich der Performancebegriff der 1960er Jahre und formt eine neue Form der Arbeit, die zwischen Kultur und Ökonomie operieren muss. Insofern wäre Fischer-Lichte zuzustimmen, wenn sie schreibt, dass sich künstlerische Arbeit nur im Feld der Institution Kunst entfalten kann, denn als Vermittlerin zwischen Ökonomie und Kultur erlaubt sie eine Grenzüberschreitung der Arbeitskraft des Künstlers. Auch die Arbeitsleistung des Künstlers unterliegt einer Grenzüberschreitung, die spezifisch für die Institution Kunst zu sein scheint, denn jenseits jeglicher Regulationen ermöglicht sie eine Überschreitung quantitativ erfassbarer Arbeitszeit und Arbeitsleistung. Eine qualitative Performance von Zeit tritt an die Stelle der einst messbaren und zu entlohnenden Arbeit. Die daraus resultierende „Ununterscheidbarkeit“[81] zwischen Arbeit und Freizeit, Arbeit und Leben, Performance und Leben spräche dafür, dass es keine Autonomie des Performativen jenseits des Marktes gäbe. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer körperlichen Anwesenheit des Performers geht einher mit der seines nackten Lebens. Agamben schreibt:
Ma ciò implica una simmetria ulteriore, questa volta rispetto a quella nuda vita che, situandosi sulla soglia fra zoè e bios, fra physis e nomos, permette, attraverso la propria esclusione inclusiva, la vita politica.[82]
Die Überschneidung des nackten Lebens mit der Dichotomie von zoé und bíos ermöglicht so eine Politisierung des Lebens,[83] hier des Performativen, da das Performative stets in seiner kontextuellen Rahmung zu betrachten ist. Der Anwesenheit des Performers als Ausdruck seiner Lebensform, seiner Einbettung in ein Milieu wie der Institution Kunst, generiert mithilfe Agamben eine notwendige politische Ebene, auf der Machtansprüche artikuliert werden. Anders als bei Fischer-Lichte findet diese nicht allein innerhalb der Rahmung Kunst statt, sondern bewegt sich als Notwendigkeit zwischen nacktem Leben und Lebensform:
Esistenza e essenza, essere esistentivo e essere copulativo, zoè e bios sono oggi integralmente divaricati o altrettanto integralmente appiattiti l’uno sull’altro e il compito storico di una loro articolazione sembra ineseguibile. La nuda vita dell’Homo sacer […] appare fra di essi a testimoniare dell’impossibilità della loro identità come della loro distinzione: ‘ciò che era per x essere o vivere’ è ora soltanto nuda vita. Allo stesso modo […] non è più afferrabile come il medium di un compito storico, in cui l’essere poteva realizzare la propria identità con se stesso e gli uomini assicurare le condizioni di un’esistenza umana, cioè politica.[84]
Wuchsen also die performativen Künste in ihrem historischen Wandel immer mehr in die Sphären des alltäglichen, politischen, wirtschaftlichen Lebens, so lässt sie sich heute argumentieren, dass das nackte Leben selbst von den Künsten eingenommen ist. Nicht die Performance ist nacktes Leben, sondern das Leben selbst wurde zur Lebensform der Künste. Institutionelle wie unbewusste Machtansprüche, wie sie Phelan für die performativen Künste eingeführt hat, lassen sich mit Agamben als Kontrollmechanismen über Lebensformen erweitern. Für unser Begriffspaar der Ab- und Anwesenheit ist es mehr als das bloße physische, leibliche Dasein des Performers während seiner Aufführung, das ausschlaggebend ist. Und vielmehr als die bloße Teilhabe an der Institution Kunst, deren Autonomie nach Fischer-Lichte eine sanktionsfreie künstlerische Praxis ermögliche, bedarf eine Untersuchung der Formen der Abwesenheit in den performativen Künsten eine Berücksichtigung der Produktions- und Lebensverhältnisse des Performers, da sie eine wechselseitige Relation eingehen. So geht eine „disziplinarische Kontrolle“[85] sowohl von der Institution Kunst aus, wie wir bereits bei Phelan sahen, doch überdies gestaltet sich die Idee der Autonomie (performativer) Künste als jene Instanz, die „ursprünglich am Rand der Ordnung angesiedelt, im Gleichschritt mit dem Prozeß, durch den die Ausnahme überall zur Regel wird, immer mehr mit dem politischen Raum zusammenfällt.“[86]
Im Folgenden sollen drei künstlerische Verfahren und Formen der Abwesenheit präsentiert werden. Diese dienen als Beispiele der nun vorangegangenen theoretischen Untersuchung und Kritik. Die Auswahl der Beispiele soll damit ein besonderes Augenmerk auf die vorgestellten Kategorien der Präsenz, des Körpers und der Lebensform bieten.
87. Anm.: Lozanos Dropout Piece geht der General Art Strike von 1969 voraus, im Zuge dessen Künstler wie Museen und Galerien ihre Arbeit niederlegten, Ausstellungsbeteiligungen ab-sagten und das Kunstgeschehen boykottierten, um für ein Ende des Vietnamkriegs zu pro-testieren. Kurz darauf folgten weitere Protestaktionen, die sich teilweise mit den Studen-tenprotesten der späten 1960er Jahre, mit der aufkommenden neuen Frauenbewegungen, sowie Rassenprotesten zusammenschlossen, oder mit diesen sympathisierten.
88. Vgl. Applin, Jo: Hard Work: Lee Lozano’s Dropouts. In: October Magazine 156, Massachu-setts: Massachussetts Institute of Technology, 2016. S. 76.
89. Applin, 2016. S. 89.
90. Vgl. Ebd. S. 86.
91. Vgl. Ebd. S. 88.
92. Ebd. S. 77.
93. Joseph, Branden W.: Lee Lozanos Traum des Lebens. In: Texte Zur Kunst. https://www.textezurkunst.de/articles/joseph-lozanos-traum-des-lebens/ 06. Juli 2018, zuletzt aufgerugen 29.08.2019, 12:12 Uhr
94. Vgl. Applin, 2016. S. 98.
95. Vgl. Applin, 2016. S. 99.
96. Ebd.
97. Vgl. Ebd. S. 98.
Die Verschränkung von Kunst und Leben wird bei Lee Lozano sehr direkt angesprochen. In ihrem seit 1970 realisiertem Werk Dropout Piece verkündet die Konzeptkünstlerin, sich vollständig aus dem Kunstgeschehen zurückzuziehen.[87] Lozanos malerische Praxis fand bereits ein Jahr zuvor eine Zäsur.[88] Im Zuge der Hinwendung zur Concept Art kontrasiert das konzeptuelle Werk der Dropout Pieces mit Lozanos figurativen Malereien, die oftmals Körper und Werkzeuge in libidinöser Verschränkung präsentieren. So entzog sich Lozano im Rahmen ihrer Dropout Pieces nicht nur der Kunstwelt. Weitere Negierungen sollten folgen, wie etwa 1971 durch Lozanos Entschluss, den Kontakt zu Frauen zu boykottieren. Sie selbst notierte sich zu ihrer Ankündigung der Performance im Rahmen des General Strike Piece:
"GRADUALLY BUT DETERMINEDLY AVOID BEING PRESENT AT OFFICIAL OR PUBLIC ‘UPTOWN’ FUNCTIONS OR GATHERINGS* RELATED TO THE ‘ART WORLD’ IN ORDER TO PURSUE INVESTIGATION OF TOTAL PERSONAL & PUBLIC REVOLUTION." [Anm., Herv. i. O.] [89]
Für Lozano kam kein Protest in Frage, die nicht zugleich auch eine Revolution der Wissenschaft, der Erziehung, der Politik, der Drogen, der Sexualität, usw. wäre.[90] So stieß sie sowohl bei Ihrem Redeanteil an der Verkündigung der New Yorker Kunstproteste auf großen Widerstand. Auf den ersten Blick lassen sich Lozanos Forderungen einer totalen Revolution durchaus den politischen Unruhen im Laufe der 1968er lesen, der zunehmenden Politisierung der Gesellschaft, Studentenprotest und Radikalisierung der Linken. Doch handelt es sich bei Lozano nicht um den Versuch ein autonomes Selbst auszurufen. Wie Lozano selbst angibt, sollte ihr Rückzug aus der Kunstwelt, ihre Meidung mit weiblichen Personen in Kontakt zu treten, nur vorübergehend sein.[91] Ebenso entspricht ihre Arbeit nicht dem Bild eines Streikes selbst, der eine Niederlegung der Arbeit darstellt: Für Lozano gestaltete sich die eigene Versagung der künstlerischen Arbeit als Arbeit selbst. So schreibt der amerikanische Kunsthistoriker Jo Applin im October Magazine: „For Lozano, dropping out was not simply a matter of stopping work. On the contrary, she claimed, ‚Dropout Piece is the hardest work I have ever done.‘“[92] Lozanos “Selbstregulierungen”[93] nahmen ihr so zugleich jede politische Stimme, denn sie entzog sich fortan jeglicher öffentlicher Sichtbarkeit.[94] Abwesenheit steht bei Lozano in direktem Bezug zu ihrer Präsenz. Beide können nur miteinander gedacht werden. Zum einen verkündete sie ihren Boykott im Rahmen einer Protestkundgebung und konnte damit anfangs noch eine Botschaft aufrechterhalten. Doch mit der Fortführung ihrer Verweigerung der Arbeit als eigentliche Arbeitshaltung selbst, geriet Lozano immer weiter ins gesellschaftliche und künstlerische Abseits.[95] Ihre künstlerische Arbeit, wie ihre Person als Künstlerin selbst, zeigen sich durch das Dropout Piece als „gleichzeitig und entschlossen an- und abwesend.“[96] Die Grenze zwischen der Institution Kunst und dem Leben verschwimmen hier so weit, dass ihr Werk des Selbstausschlusses gar nicht mehr innerhalb der Institution Kunst gezeigt werden kann. Man könnte argumentieren, dass es gerade die Institution Kunst ist, die eine Verweigerung an der Teilhabe am Kunstgeschehen ermöglichst, doch würde man hierbei übersehen, dass Lozanos Arbeit kein definiertes Ende gefunden hat, auf des es mit institutionellem, oder kunsthistorischem Blick eindeutig zu bestimmen sei. Was letztlich in den Jahren nach ihrem Austritt aus der Kunstwelt passierte ist unklar. Die Kunstwelt selbst drohte sie bereits zu vergessen.[97]
98. Verwoert, Jan: Bas Jan Ader – In Search of the Miraculous. London: Afterall Books, Cen-tral Saint Martins, 2006. S. 2.
99. Verwoert, Jan: Bas Jan Ader – In Search of the Miraculous. London: Afterall Books, Cen-tral Saint Martins, 2006.S. 8.
100. Vgl. Ebd. S. 8.
101. Vgl. Ebd. S. 37.
102. Vgl. Ebd. S. 49.
Eine weitaus tragischere Figur der Abwesenheit ist dem letzten Werk des niederländischen Konzeptkünstlers Bas Jan Ader eigen. Zunächst als dreiteiliges Werk konzipiert, endet seine Arbeit In Search of the Miraculous abrupt mit seinem vollständigen und endgültigen Verschwinden. Dem ersten Teil der Arbeit One Night in Los Angeles, der aus einer einsamen Begehung der Stadt und 18 daraus dokumentierten Schwarzweißfotografien besteht, sollte im zweiten Teil der Arbeit eine Segelfahrt über den Nordatlantik folgen. Dabei setzte sich Ader das Ziel, eine West-Ost Überquerung des Atlantiks zu unternehmen, um so dann von einem Chor seiner Studierenden in Irland empfangen zu werden. Wie der Kunstwissenschaftler Jan Verwoert ausführt, ist Aders letzte Arbeit „the consequent realisation of an idea, the idea of the romantic tragic hero on a quest for the sublime.“[98] Ader verschwand spurlos auf dem Ozean. Lediglich sein Segelboot, die Ocean Wave konnte später aufgefunden werden und die Arbeit endete. Ob die hier vorliegende Form der Abwesenheit eine zuvor kalkulierte, geplante Tragödie darstellt, oder ob es sich um einen tragischen Unfall handelte kann heute nicht eindeutig bestimmt werden: „[T]hrough his disappearance and death, Ader came to embody this role of the romantic tragic hero in an unexpected and irrevocable way. The work is about the idea of the tragic and is itself a tragedy [Herv. i. O.].”[99] Zum einen beinhaltet die Arbeit Aders einen unmittelbaren menschlichen Verlust, zum anderen kann die Konsequenz und Bedeutsamkeit ihrer experimentellen, konzeptuellen Dimension nicht geleugnet werden.[100] Nicht zuletzt spielt Ader mit der romantischen Figur des verschwundenen Helden. Es ist zwar die Natur, die gewinnt, doch Ader setzt sich ihr sehr bewusst aus. Er überlässt sich der Naturgewalt und in dieser Auslieferung der eigenen Existenz lässt sich ein kritisches Verhalten zur Abwesenheit ablesen.[101] Theatralität und Tragödie werden in den Arbeiten Aders zur allgegenwärtigen Figur der Arbeit. Das Verschwinden des Künstlers als tragische Figur ist sowohl Inszenierung als auch bittere Realität: Diese Konzeption bringt das unmittelbare eigene, das nackte Leben mit der Romantisierung ihrer Lebensform in ein ambivalentes Verhältnis zueinander. Die Tragödie als ästhetische Form steht im Widerspruch zur existenziellen Erfahrung Aders selbst.[102] Wie bei Ader zu sehen ist, kann die Abwesenheit des Künstlers in den performativen Künsten bis zu seinem vollkommenden Verschwinden eskalieren. Dabei erschafft er gleichzeitig ein tragisches Narrativ, das auf eine lange Tradition verschwundener Helden zurückblickt und eine Präsenz konserviert. Die Interpretation der Arbeit selbst kann nur offenbleiben, möchte man dem menschlichen Verlust gerecht werden. Ader zeigt, dass die Grenzen der Institution Kunst sehr wohl dort enden, wo das Existentielle eine Variable wird.
103. Fischer-Lichte, 2002. S. 265f.
104. Fischer-Lichte, 2002. S. 154.
105. Ebd.
106. Vgl. Richards, Mary: Marina Abramovic. London/New York: Routledge, 2010. S. 92.
107. Vgl. o.A.: „Yvonne Rainer Accuses Marina Abramović and LA MOCA of Exploiting Per-formers.”, in: Artforum, https://www.artforum.com/news/yvonne-rainer-accuses-marina-abramovic-and-la-moca-of-exploiting-performers-29348 [11.11.2011, 11:38 Uhr], zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:25 Uhr.
108. o.A.: „Marina Abramović: The Artist Is Present“, in: The Museum of Modern Art, https://www.moma.org/calendar/exhibitions/964 [o.A.], zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:58 Uhr.
109. Abramović, Marina: Walking Through Walls. A Memoir. New York: Crown Publishing, 2016. S. 231.
110. Ebd. S. 232.
Abramović hingegen wählt für die Rezeption ihres performativen Frühwerks (zwischen 1960 und 1980) eine andere Methode: die Stellvertretung. Waren Abramovićs frühe Arbeiten von einer direkten eigenen körperlichen Aussetzung einer Gefahrensituation abhängig, in denen sich Abramović selbst einem enormen Risiko aussetzte, das bis zur Selbstaufopferung enden drohte,[103] so engagiert sie heute junge Performerinnen und Performer, frühere Aufführung zu reinszenieren. Wie Fischer-Lichte anmerkt, sind jedoch die Arbeiten, an denen Abramović und ihr Performancepartnern Ulay „auf die unterschiedlichsten Weisen Gewalt antun oder sich sogar der Todesgefahr aussetzen“[104] direkt und unmittelbar an die individuellen Körper Abramovićs und Ulay gebunden:
Was immer die Performer hier an und mit ihrem Leib hervorbringen, hinterläßt an ihrem Körper wahrnehmbare Spuren, die auf einen Transformationsprozeß verweisen. Indem die Künstler ihre je spezifische und individuelle Körperlichkeit hervorbringen, vollziehen sie Prozesse, mit denen sie die Verletzlichkeit ihres Körpers […] verkörpern. [105]
Für die Methode der Stellvertretung durch fremde, andere, jüngere Körper bedeutet dies, dass Abramović eine Übertragung der sich selbst zugefügten Verletzung nun an anderen Körpern abverlangt. Es war gerade der eigene Kontrollverlust, der die Grenzen der Konsumierbarkeit ihrer frühen Performances in Westeuropa neuauslotete. Abramović setzte sich dabei stets der eigenen Objektifizierung aus, um so auch ihre Autonomie über ihren Körper in fremde Hand zu legen.[106] Dabei gerät ihre neue Arbeitsmethode der Stellvertretung durchaus in Kritik. Wie die Performancekünstlerin Yvonne Rainer und der Kunstkritiker Douglas Crimp anlässlich eines geplanten Gala Dinners des Museum of Contemporary Art, Los Angeles (MOCA) in einem offenen Brief anmerkten, verschiebt sich durch die Stellvertretung des eigenen Körpers durch fremde Körper die Perspektive der eigenen Verletzlichkeit.[107] Nun sind es die Körper junger Performer, die den Rufen des Kunstmarktes folgen, indem sie sich als Stellvertreter Abramovićs einem großen Publikum aus Sammlern und Rezipienten präsentieren können.
Diese Kontextverschiebung im Werk Abramovićs erreichte ihren Höhepunkt im Mai 2010, anlässlich ihrer großformatig angelegten Retrospektive im New Yorker MoMA unter dem Titel The Artist is Present. Die Schau gliedert sich strukturell wie inhaltlich in zwei Teile. Zum einen performte Abramović innerhalb ihrer titelgebenden Arbeit selbst vor Publikum. Dabei saß sie über 700 Stunden in stoischer Position auf einem Stuhl. Ihr gegenüber konnten Besucher, denen es früh genug gelang ein Ticket oder Reservierung für den Einlass zu erlangen, Platz nehmen und sich der unmittelbaren Präsenz der Künstlerin aussetzen. Der zweite Teil der Ausstellung, die Retrospektive unter gleichem Namen, wurde jedoch gegenteilig konzipiert. Hier verkündete bereits der Pressetext eben jene Verschiebung der Präsenz in Abwesenheit:
In an endeavor to transmit the presence of the artist and make her historical performances accessible to a larger audience, the exhibition includes the first live re-performances of Abramović’s works by other people ever to be undertaken in a museum setting. [108]
Bezüglich der Präsenz der Künstlerin erfuhren die Ausstellungsbesucher also eine Zäsur. Zum einen konnten sie sich der physischen, wenngleich stoisch regungslosen, Anwesenheit der Abramovićs hingeben, zum anderen reinszenierten fremde Performer das Frühwerk. Wie bereits der Ankündigung zu entnehmen ist, spielen die individuellen Körper der fremden Performer eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sollen sie als Stellvertreter retrospektiv Abramovićs Körper wiedererschaffen. In ihren 2016 erschienenen Memoiren Walking Through Walls. A Memoir. zitiert Abramović den Chefkurator des MoMA Klaus Biesenbach: „Why don’t we have one very strict rule: you have to be present in every single work, either in a video, or a photo, or a restaging of one of your performances.”[109] Mittels eigenen Körpers verweisen sie auf das originäre Werk und den originären Körper. Ihre eigene Physis wird so überschrieben durch einen semiotischen Körper Abramovićs bzw. Ulays. Insofern wäre Fischer-Lichte zuzustimmen, dass die Institution Kunst eine Grenzüberschreitung, wie hier des körperlichen, sanktionslos zu gewähren vermag. Wobei die Grenzüberschreitung nicht lediglich in der auratischen, semiotischen Verlagerung auf den anderen Körper, der theatralen Figur Abramović, zu suchen ist. Sie subsumiert ebenso die Körper der anderen. Wie Satelliten kreisen sie um die eigene Anwesenheit im zentralen Raum der Ausstellung: „On the upper floors there would be continous re-performances of my pieces, but in the atrium space, I would do a major new performance, with the same title, where I [Herv. i. O.] would be present for three months. It seemed like an important opportunity to show […] the potential of performance: this transformative power that other arts don’t have.”[110] Die Figur der Autonomie performativer Arbeiten führt bei Abramović so weit, dass die Körper der anderen zum eigenen Körper erklärt werden.
Abwesenheit und Anwesenheit stellen ein grundlegendes Spannungsverhältnis performativer Künste dar. Zum einen blickt die Performance- und Theatertheorie auf einen langen Diskurs des Auratischen, desUnmittelbaren, des Gegenwärtigen zurück. Zum anderen lässt sich zeigen, dass Präsenz nur durch einen starken Begriff der Autonomie diskutiert werden kann. Die Autonomie der Künste subsumiert jedoch eine ganze Reihe non-konformer Körperlichkeiten und Identitätskonstruktionen. Sie als Errungenschaft und äußere Grenzziehung zu betrachten bedeutet ebenso, individuelle Lebens- und Produktionsbedingungen von Künstlern auf ihre Potenz zu reduzieren. Um einer Ästhetik des Performativen gerecht zu werden, wäre in einer weiteren Untersuchung der Versuch notwendig, Entgrenzungen jenseits institutioneller Rahmung intensiver zu beleuchten.
Künstlerische Verfahren, die das Dogma der Präsenz zu umgehen, zu überschreiten, oder zu ignorieren versuchen, können als Erprobungen gedeutet werden, mit unmittelbaren Zwängen des Marktes, der Infrastruktur und der Selbstrepräsentation in den Künsten umzugehen. Gleichwohl verweisen Formen der Abwesenheit auf innerliche Prozesse der Akteure. Ob mittels medialer Dokumentation, oder dem tatsächlichen Verschwinden des Künstlers vor Augen der Zusehenden, es zeigt sich in Formen der Abwesenheit ein grundlegendes Erkennen der eigenen Subjektivität. Kontroll- und Machtansprüche formen sich mittels Präsenz wie Absenz gleichermaßen aus. Ein notwendiges Oszillieren zwischen diesen beiden Polen erschafft eine ästhetische Erfahrung unbewusster Prozesse zwischen Künstler, Publikum und Institution.
Eine tiefergehende Untersuchung wäre notwendig, um die je spezifischen Mechanismen der Machtansprüche, des Unbewussten und Anwesenheitsökonomie offenzulegen. Gerade hier sehe ich Potenzial eines weiterführenden Versuchs, psychoanalytische Theorie mit Performancetheorie querzulesen. Politische Kunst und politische Dimensionen des Künstlerischen resonieren bis heute mit Formen der Abwesenheit in den Künsten. Für die performativen Künste insbesondere gilt, dass ihre Ästhetik nicht ausschließlich aus den Kontexten der Theaterwissenschaften erschlossen werden kann, möchte man den Vielschichtigen Bezügen Herr werden. Stellen performativen Arbeiten Bezüge zur Lebensform der Akteure dar, so gilt es Performance als interdisziplinäres Phänomen zu beschreiben. Die vorliegende Arbeit zeigt jedoch schließlich, dass Abwesenheit eine Grundvoraussetzung ästhetischer Erfahrung in den performativen Künsten ist, sei mit ihr medial, körperlich oder sozial verfahren.
Abramović, Marina: Walking Through Walls. A Memoir. New York: Crown Publishing, 2016.
Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2002.
Agamben, Giorgio: L’uso dei corpi. Homo sacer, IV, 2. Vicenza: Neri Pozza Editore, 2014.
Angerer, Marie-Luise: Performance und Performativität. In: Butin, Hubertus [Hrsg.]: Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. Köln: Snoeck, 2014. S. 280 – 284.
Applin, Jo: Hard Work: Lee Lozano’s Dropouts. In: October Magazine, Ausgabe 156 (Frühling 2016). Massachusetts: MIT Press, 2016. S. 75 – 99.
Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2004. S. 7- 45.
Bigsby, Christopher William Edgar: Zen, Happenings, Artaud, Grotowski. In: Bigsby: A Critical Introduction to Twentieth-Century American Drama: Volume 3 - Beyond Broadway, Cambridge: Cambridge University Press, 1985.
Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2004.
Fried, Michael: Art and Objecthood. Essays and Reviews. Chicago, London: University of Chiacgo Press, 1998.
Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Essays. Boston: Beacon Press, 1989. S. 3 – 21.
Gronau, Barbara: Aktion. In: Fischer-Lichte, Erika (u.a.) [Hrsg.]: Metzler Lexikon Theater Theorie. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 2014. S. 1 – 4.
Krauss, Rosalind: The Originality of the Avant-Garde and Other Modernist Myths. Cambridge: MIT Press, 1985.
Merleau-Ponty, Maurice: Phenomenology of Perception. London, New York: Routledge, 2002.
Merleau-Ponty, Maurice; Bermes, Christian [Hrsg.]: Zeichen. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 2007.
Phelan, Peggy: The Ontology of Performance: Representation without Reproduction. In: Phelan: Unmarked. The Politics of Performance. London, New York: Routledge, 1993. S. 146 – 166.
Richards, Mary: Marina Abramovic. London/New York: Routledge, 2010.
Thomas, Karin: DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Köln: DuMont, 1989.
Verwoert, Jan: Bas Jan Ader – In Search of the Miraculous. London: Afterall Books, Central Saint Martins, 2006.
V. Hantelmann, Dorothea: ‚I Promise It’s Performative’. Zum Verhältnis von Performativität und zeitgenössischer Kunst. In: Erstic, Marijana; Schuhen, Gregor; Schwan, Tanja [Hrsg.]: Avantgarde – Medien – Performativität: Inszenierungs- und Wahrnehmungsmuster zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: transcript Ver-lag, 2005.
Internetquellen
Artforum, https://www.artforum.com/news/yvonne-rainer-accuses-marina-abramovic-and-la-moca-of-exploiting-performers-29348 [11.11.2011, 11:38 Uhr], o.A. Zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:25 Uhr.
Joseph, Branden W.: Lee Lozanos Traum des Lebens. In: Texte Zur Kunst. https://www.textezurkunst.de/articles/joseph-lozanos-traum-des-lebens/ 06.06.2018, Zuletzt aufgerufen 29.08.2019, 12:12 Uhr
Lütticken, Sven: General Performance. In: e-flux Journal, Nr. 31. Januar 2012. https://www.e-flux.com/journal/31/68212/general-performance/ 31.01.2012. Zuletzt aufgerufen: 22.08.2019, 12:08 Uhr.
Museum of Modern Art: „Marina Abramović: The Artist Is Present“, in: The Museum of Modern Art, https://www.moma.org/calendar/exhibitions/964 [o.A.] Zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:58 Uhr.
Inhalt
1. Einführung
2. The artist is absent? Formen der Abwesenheit in der Performancekunst
2.1 Happening und Performance nach dem zweiten Weltkrieg
2.2 Performance – Eine Ästhetik der Präsenz?
2.2.1 Präsenz
2.2.2 Körper
2.2.3 Lebensform
2.3 Abwesenheiten
2.3.1 Verweigerung
2.3.2 Der verschwundene Künstler
2.3.3 Stellvertreter
3. Fazit
Literaturverzeichnis
Waren die performativen Künste einst jenes von Künstlern umkämpftes Feld, in dem eine Entgrenzung der Künste in das alltägliche Leben gefordert wurde, so scheinen sich zeitgenössische Werke der Performancekunst gerade am Diktum abzuarbeiten, untrennbar in das profane, politische, wirtschaftliche Leben eingeschrieben worden zu sein. Medienwirksame Selbstinszenierungen, das Prekariat der künstlerischen Arbeit selbst, als auch die zugrundeliegende performative Produktivkraft der Kunstschaffenden werden heute als Spätfolgen eines modernistischen Werkbegriffes verhandelt, in dem sich Künstler einer Teilhabe der Anwesenheitsökonomie nicht mehr zu entziehen vermögen scheinen. In diesem Spannungsfeld stellt sich die Frage, inwiefern künstlerische performative Arbeiten mit Formen der Abwesenheit verfahren, sei es des Künstlers, des Werkes, oder des Publikums. Zum einen markiert das Paar Anwesenheit/Abwesenheit eine grundlegende Dialektik der Formfrage der performativen Künste, zum anderen ist die Wirkmacht von Abwesenheit, ihrer potenziellen Anonymität, Mystifizierung und politischen Potenzialität, als ein spezifischer Ausdruckskanon zu vermitteln: Schweigen, Vergessen, Verschwinden, Verweigerung sind nur einige der künstlerischen Strategien, die eine Semantik der Abwesenheit zu formulieren scheinen.
Um die Frage nach der Abwesenheit als Form künstlerischer Arbeit in den performativen Künsten zu untersuchen, zeichnet die vorliegende Arbeit zunächst Performancekunst entlang ihrer kunsthistorischen Entwicklung seit dem Kriegsende nach, und versucht eine kunsthistorische Einordnung der Politisierung performativer Körper vorzunehmen. Sodann orientiert sich die weitere Arbeit entlang Fischer-Lichtes 2004 erschienener Ästhetik des Performativen. Dabei sollen anhand der Kategorien Präsenz, Körper und Lebensform diskutiert werden, welche Rolle sowohl Anwesenheit als auch Abwesenheit in der Performancekunst einnehmen. Zum einen liegt dabei ein besonderes Augenmerk auf Fischer-Lichtes Postulat, dass Präsenz nur durch Darsteller, nicht durch ihre Medialisierung oder durch Objekte erzeugt werden könne. Sodann wird untersucht, wie Fischer-Lichte Körper als Werkzeuge und Rahmung performativer Arbeiten begreift. Die Fallstricke performativer Künste, wie sie Fischer-Lichte in ihrer Ästhetik des Performativen zeichnet, sollen sodann anhand einer Untersuchung der Rolle der Institution Kunst betrachtet werden. Inwiefern performativ arbeitende Künstler mit Formen Abwesenheit als ästhetische Figur verfahren, wird im letzten Teil durch drei künstlerische Strategien der Abwesenheit vorgestellt: 1. Die Verweigerung als künstlerische Praxis, 2. das Verschwinden der Akteure und 3. durch die Stellvertretung der Performer durch dritte Personen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die vorgestellten Praxen und Formen nur einige der möglichen Ausprägungen darstellen und im Rahmen dieser Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs entwickelten die performativen Künste neue Formate, innerhalb derer eine zunehmende Interaktion mit dem Publikum in Erscheinung trat.[1] „Happening“ als Begriff, den der US-amerikanische Künstler Allan Kaprow einführte,[2] bezeichnet jenes performative Format, das sich zunächst von künstlerischen Konventionen rigider, objekthafter Werke absetzen wollte, indem es mittels gesellschaftskritischer Aktionen eine direkte Beteiligung der Zuseher forderte.[3] Der menschliche Körper als Darsteller rückte so von der Theaterbühne in den Ausstellungsraum, in die Öffentlichkeit und soziale Institutionen und wurde selbst Mittel der Produktion in den bildenden Künsten.
Im deutschsprachigen Raum waren es vor allem die Wiener Aktionisten, die durch den eigenen Körper – zunächst in privaten Räumen und Ateliers, später auch unter Publikum im öffentlichen Raum oder Ausstellungsräumen – mit provozierenden Darstellungen direkten Bezug auf die politischen Gegebenheiten und kulturellen Konventionen ihrer Zeit formulierten. Die zwischen Sexualisierung, Gewalt und ritualistischer Häresie oszillierende Formensprache der Wiener Aktionisten adressierte nicht nur den österreichischen Katholizismus und die Prüderie der österreichischen Gesellschaft ihrer Zeit, sie war ebenso als Versuch zu lesen, die Grenzen des gesellschaftlich möglichen stetig zu überschreiten. So eskalierten die performativen Arbeiten der Wiener Aktionisten in dionysische Spektakel, in denen Tabubruch und Schock als Werkzeuge zur Involvierung der Zusehenden eingesetzt wurden: „Sie wurden mit Blut, Kot, Spülwasser und anderen Flüssigkeiten bespritzt und erhielten Gelegenheit, selbst mit ihnen zu plantschen, das Lamm selbst auszuweiden, Fleisch zu essen, Wein zu trinken.“[4] Ziel war es schließlich, die Grenzen zwischen Kunst und Leben restlos zu beseitigen: „Kunst ist zum Leben durchgedrungen. Nichts wird mehr gespielt, dargestellt, simuliert oder interpretiert. Kein Schauspieler spielt eine Rolle[,] alles ereignet sich wirklich, das Leben ist es, das sich durch die Aktion bewusst erkennt und registriert hindurch vollzieht.“[5]
Der Paradigmenwechsel vom künstlerischen Objekt zum performenden Körper des performative turn wandte sich in den Folgejahren der Nachkriegszeit von der Hermeneutik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ab und ersetzte referentielle Zeichensysteme, wie sie der Moderne kennzeichnend sind, durch „ihre spezifische Ästhetizität in ihrer Ereignishaftigkeit.“[6] Dies beinhaltete unter anderem den Prozesscharakter performativer Arbeiten, deren Entfaltung im Hier und Jetzt zu erfahren und, vor allem in den frühen Arbeiten der 1950er und 1960er Jahre, durch ihre Ergebnisoffenheit gekennzeichnet waren.[7] Die gesellschaftliche Politisierung im Rahmen der 68er Bewegung drängte ebenfalls die Performancekünstler aus den privaten Räumen und Ateliers in den öffentlichen Raum und forderte anstelle weiterer Theoretisierung ein Primat der Praxis, ebenso in den Künsten. Waren die Beginne der performativen Arbeiten zunächst oft einem kleinen Publikum des dem Künstler eigenen erlesenen Kreises vorbehalten, forderten die neuen politischen Bewegungen eine Sichtbarkeit und ein Handel jenseits geschützter Räume.[8] Happenings wurden zusehends aktivistischer konzipiert, nahmen realpolitische Bezüge auf und versuchten sich durch die Sozialisierung des Werkes als Bild zu befreien, um einen erweiterten Kunstbegriff zu formulieren: „Die Komposition aller Materialien, Aktionen, Bilder und ihrer Raumzeitbezüge sollte in einer so kunstlosen wie praktischen Weise erfolgen.“[9]
Unter dem Credo des Performativen etablierte und institutionalisierte sich die performative Kunst seit den 1970er Jahren als „[e]ine Ästhetik des Performativen, [die auf] diese Kunst der Grenzüberschreitung [zielt].“[10] Die anfängliche Hoffnung auf eine freie, weil zunächst als fluide und systemisch belebt wahrgenommene, Form künstlerischen Ausdrucks, die sich dem institutionellen Rahmen verweigert, diesen kritisch zu reflektieren vermag, mündete schließlich in der Tautologie eines performativen Werkbegriffs,
weil es eben auch kein nicht-performatives Kunstwerk geben kann. So wie jede künstlerische ‚Äußerung‘ eine Form und einen Gehalt hat […], hat auch jedes Kunstwerk eine performative Dimension.[11]
Insofern gestaltete sich die Beziehung von Kunst und Leben als untrennbar miteinander verwoben, da Performance „Präsenz nicht allein [zu] produzieren, sondern Präsenz [zu] präsentieren“ [12] vermag. Dem Werk als präsente Einheit, aus einem menschlichen Körper oder an einem rigiden Objekt hervorgebracht, kommt mit dem performative turn ebenfalls eine auratische Qualität zu, dessen Verständnis vielmehr auf der unmittelbaren Erfahrung eines künstlerischen Prozesses als Ereignis basiert, als auf der Kontemplation symbolischer Referenzen.[13] [14] Für die performativen Künste bedeutete dies, dass Formate wie das Happening, Musik- und Live-Performances usw., immer auch an einen Materialismus verknüpft waren, der sich in Form von Requisiten, schriftlichen Zeugenberichten, oder fotografischen Dokumentationen aufzeichnete. Die Erweiterung des Werkbegriffes von künstlerisch hervorgebrachten Objekten auf menschliche Körper und ihrer Performativität geht einher mit einem Zusammentreffen der visuellen und darstellenden Künste, deren Übersetzungsprozess zwischen Körper, Raum und Wahrnehmung von Beginn an auch an ihre Medialisierung gebunden war.[15] Mittels Fotografie, Film und später auch Video, spielten dokumentarische Technologien eine immer bedeutsamere Rolle bei der Frage, wie zeitlich ephemere Ereignisse konserviert oder abwesenden Zusehenden vermittelt werden können.[16] [17]
In Anbetracht Clement Greenbergs zentraler Forderung einer ontologischen Medienspezifizität der abstrakten Malerei, die als Versuch der Abgrenzung und Verteidigung gegen eine Mischung mit anderen künstlerischen Medien gedeutet werden kann, waren die neuen performativen Formate zugleich eine direkte Reaktion auf sein Verständnis eines historischen Formalismus künstlerischer, vor allem traditioneller, Gattungen.[18] Der Horizont unmittelbarer ästhetischer Erfahrung, wie ihn die performativen Künste anboten, kontrastierte mit Greenbergs modernistischen Werkbegriff, dem außer Oberfläche und Autonomie keine weiteren Anschlüsse an medienübergreifende Formate zugestanden werden. Aus dem performative turn entwickelten sich so Formen künstlerischer Produktion, die als Devianz der Tradition und zur Dramatisierung der ästhetischen Erfahrung keine auf einen Darsteller bezogene Aufführung mehr benötigten. Die Belebung des Werkbegriffs durch die Interaktion des Publikums ermöglichte eine Reflexion über Objekte als Quasi-Schauspieler, die nicht als Stellvertreter, sondern als Requisiten sozialen Handelns verstanden wurden. So verhandelte Michael Fried die auf ihre Form reduzierten Objekte der Minimal Art als Inszenierungen innerhalb einer theatralen Tradition. Der Begriff der Performativität wurde auf Artefakte, Objekte, Requisiten übertragen.[19] Anhand der kunsthistorischen Entwicklung lassen sich über die Erweiterung des Performativen auf nichtmenschliche Entitäten zweierlei Bedeutungen erkennen: Zum einen wurde die Anwesenheit menschlicher, performender Akteure nicht mehr zwangsläufig notwendig, um eine Zuschreibung zum Performativen zu treffen, zum anderen verhandelte man von nun an performative Qualitäten an unbelebten Artefakten und verdeutlichte so die Redundanz des Performavititätsbegriffes.
Abwesenheit begann zusehends als Strategie künstlerischen Handelns in Erscheinung zu treten, die sich einem Diktum der Präsenz beispielsweise durch Verweigerung der Institution der Kunstwelt, oder das physische Verschwinden des Künstlers als Experiment des Performativen, zu entziehen versuchte. Doch bis heute wird sich sowohl in der Theorie als auch in der künstlerischen Praxis am Begriff der Präsenz in den performativen Künsten abgearbeitet. War die Politisierung performativer Körper in ihrer kunsthistorischen Entwicklung eine kopernikanische Wende, so scheint die Notwendigkeit der Präsenz (des Performers, des Werkes, der Zusehenden, etc.) noch immer eng verknüpft mit der Frage nach Anwesenheit selbst, der Körper der Akteure, sowie ihre Politisierung.
Fischer-Lichte verfolgt Performativität entlang ihrer historischen Diskurse in den Theaterwissenschaften, bedient sich jedoch ebenso kunsthistorischer und kunsttheoretischer Analysen. Dabei argumentiert Fischer-Lichte maßgeblich für eine Autonomie künstlerischer, performativer Arbeiten, da einzig diese dazu in der Lage seien, Präsenz zu erzeugen.[20] Dokumentationen und verbleibende Material(spuren) von Performances „vermögen […] Präsenz-Effekte zu erzeugen, nicht jedoch Präsenz.“[21] Sie argumentiert, dass mediale, technische Medien nur deshalb eine Präsenz-ähnliche Wirkung entfalten, da die spezifische Spaltung zwischen Dargestelltem und tatsächlichem Vollzug einer Performance im Hier und Jetzt in ein ambivalentes Verhältnis zueinander stellen.[22] Aufführungen, wie Performances, verfügen nach Fischer-Lichte nicht über konservierbare Materialitäten.[23] Performative Formate sind „flüchtig“ und fundamental auf ihre Kontingenz angelegt.[24] Dokumentationen von Aufführungen seien möglich, jedoch, so Fischer-Lichte, schafft die Dokumentation selbst den ontologischen Beweis einer performativen Spezifizität: Die performative Arbeit „schafft erst die Bedingungen der Möglichkeit, um über Aufführung sprechen zu können.“[25] Dabei liefert der Dokumentationsversuch die Möglichkeit, über das Ephemere des Performativen hinzuweisen.[26] Das Ephemere wird im Dokument transformiert und schreibt sich in andere Medien, wie dem Bewegtbild oder der Fotografie als Verweis ein.[27] Für Betrachter bedeutet dies, dass die medial vermittelte Dokumentation der Aufführung eigenen spezifischen Regeln folgt, die sich „im Prozess [der] Erzeugung verselbstständig[en] und sich so von [ihrem] Ausgangspunkt […] immer weiter entfernen.“[28] Letztlich, so Fischer-Lichte, entstehen Werke, die mit der ursprünglichen Performativität nicht mehr viel gemein haben. Ihnen kommt eine Präsenz-ähnliche, jedoch der Performativität wesensfremde Funktion zu.
Dabei unterscheidet Fischer-Lichte zwischen Präsenz und „Repräsentation“.[29] Während Präsenz als unmittelbare Fülle von Erfahrung, sprich Authentizität definiert wurde, beschreibt Repräsentation eine Stellvertreterinstanz. War der „nackte Körper“ des Performers seit jeher Schauplatz einer unvermittelten Echtheit, galt Repräsentation auf eine theatrale Konstruktion zu verweisen.[30] Das Publikum selbst bewegt sich dabei im Akt der Wahrnehmung ständig zwischen beiden Instanzen und wird „sich zunehmend bewusst, dass [es] nicht Herr des Übergangs ist.“[31] So entsteht eine aktive Teilhabe des Publikums, die als Wechselwirkung oder feedback-Schleife mit den Darstellern die Fülle theatraler Erfahrung erzeugt.[32] Dabei behält sich Fischer-Lichte jedoch vor, dass es „nicht darum gehen [kann], eine psychologische Erklärung für dieses Phänomen zu suchen.“[33] Wie die deutsche Medienwissenschaftlerin Marie-Luise Angerer anmerkt, bedeutet die Ausklammerung des Affekts aus der Performativität sodann nur, „dass jemand vor einem Publikum agiert. Damit wird nicht nur der Begriff der Performativität, wie er in der Sprachphilosophie […] entwickelt wurde, sinnlos überstrapaziert; auch die performative Dimension, wie sie Judith Butler als als unbewusstes Tun eingeführt hat, wird hierbei ausgeklammert.“[34] Fischer-Lichte argumentiert wohlgleich, dass „das wahrnehmende Subjekt keine tabula rasa [Hervorh. im Orig.] dar[stellt. …] Es hat vielmehr in seiner bisherigen Lebensgeschichte bereits eine Fülle von Bedeutungen erzeugt, an die es sich erinnert“[35] und so performative Werke erfahren kann. Innerhalb dieses Rezeptionsbegriffes changiert das Publikum zwischen selbstbestimmter, autonomer Wahrnehmung und passiver, verführender Wahrnehmung.[36] Es lässt sich erkennen, dass Fischer-Lichte Affekte der Wahrnehmung zugunsten eines starken Autonomiebegriffes der Künste weniger Bedeutung zukommen lässt. Ihr Bezug auf die psychologische Ebene menschlicher Wahrnehmung performativer Ästhetik geschieht hier allein auf der Ebene der Bedeutungsinterpretation des Publikums. Lebens- und Produktionsrealitäten bildender Künstler, die maßgeblich das Werk beeinflussen, werden zugunsten einer Rezeptionsästhetik der feedback-Schleife ausgeklammert. Das Reale der Performancekunst jenseits ihrer symbolischen oder semiotischen Bedeutung scheint hier vielmehr auf ihren Aufführungscharakter in der Institution Kunst – und damit meint Fischer-Lichte vor allem die Institution Theater – komprimiert zu sein. Im Gegensatz zu Angerer argumentiert Fischer-Lichte für eine spezifische Autonomie des Performativen innerhalb der Institution Kunst:[37]
Eine Aufführung gilt als künstlerisch, wenn sie im Rahmen der Institution Kunst stattfindet; sie ist den nicht-künstlerischen Aufführungen zuzurechnen, wenn sie im Rahmen der Institutionen Politik, Sport, Recht, Religion etc. veranstaltet wird. Ausschlaggebend sind also (…) weder ihre spezifische Ereignishaftigkeit, noch die […] Inszenierungsstrategien oder die ästhetische Erfahrung, welche sie ermöglichen. Es ist vielmehr der institutionelle Rahmen. [38]
Im direkten Vergleich zum oben angeführten Repräsentationsbegriff der theatralen Aufführung scheint Fischer-Lichte der Institution Kunst selbst eine Authentizität zuzugestehen, die als unvermittelte Potenz ihrer eigenen Autonomie folge und ihre eigenen Gesetze kreiere und sich „bis heute als stabil erwiesen [habe].“[39] [40] Unter diesem Vorzeichen ist es die Spezifizität der Institution Kunst selbst, die Künste und deren Wahrnehmung ermögliche. Ihr Framing als Kunst lässt die Dramatisierung des Alltäglichen, wie man in den Neo-Avantgarden der Nachmoderne nachzeichnen konnte, von der tatsächlichen Realität unterscheiden und so als künstlerisches Werk erfahren.[41] Dabei lässt sich eine Parallele zu Greenbergs Rettungsversuch der historischen Avantgarde aufzeigen:[42] Die Institutionalisierung der Moderne, wie sie Greenberg mittels Rückbezug auf die Wurzeln der malerischer Traditionen forderte, geht einher mit der Spaltung des Künstlerischen vom Produktions- und Lebensalltag des Produzenten.[43] Die Betonung der Institution als Wahrnehmungsrahmen schafft so eine immanente Logik der institutionellen Konformität, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint: „Denn [die Künstler] praktizieren Kunst gerade als Kunst der Grenzüberschreitung.“[44] Für Fischer-Lichte ist die Ästhetik des Performativen eine Kunst der Grenzüberschreitung, die nur im Gefüge der Institution Kunst Konfrontation erlaubt.[45] Affekte der Grenzüberschreitung lassen sich bei Fischer-Lichte nur in Beziehung zur Wahrnehmung denken.
Anders begreift die US-amerikanische Theoretikerin Peggy Phelan die Bühne der medialen Vermittlung und der Präsenz performativer Künste. In The Ontology of Performance argumentiert Phelan, dass die zunehmende Institutionalisierung dafür Sorge trägt, nicht nur Werke zu konservieren, sondern gleichwohl Kontrolle über ihren Diskurs zu erlangen.[46] Da performative Formate nicht wiederholbar sind, zeugen ihre Dokumente, wie Gedächtnisprotokolle und Nacherzählungen, von einem unwiederbringlichen Verlust.[47] Dieser scheint umso schwerwiegender, da Performance immer an belebten Körpern arbeitet: „The disappearance of the object is fundamental to performance.“[48] So vergleicht Phelan die Ontologie des Performativen als die unmittelbare Erfahrung der eigenen Subjektivität.[49] [50] Die Gleichzeitigkeit der Verfügbarkeit einer gegenwärtigen Performance und ihrem aufkommenden Vergehen situiert das Publikum in einem Wechselspiel, in dem es den eigenen, unvermittelten Mangel erfahren kann. Da die Performance nicht reproduzierbar ist, sind Aufführung jener Ort, an dem die eigenen Begehren der Zuseher unmittelbar adressiert werden können. Die Projektion auf das Geschehene vermittelt sich durch das Ephemere, dem potenziellen Verlust des Performativen. Die dargebotene Darstellung stellt so ein Stellvertreter des eigenen Begehrens dar, vom Anderen gesehen zu werden – und geht einher mit ihrer Verlustangst.[51] Für Versuche, performative Arbeiten medial zu konservieren, gilt daher, dass auch technische oder sprachliche Medien und Dokumentationen stets die Übertragungen eigener, unstillbarer Begehren vermitteln.[52]
Bei Phelan lässt sich zeigen, dass das Publikum nicht nur mittels feedback-Schleife auf das Geschehene stetig eingreift, sondern dass auf einer unbewussten Ebene ständig Präsenz erzeugt wird. Dies geschieht durch den Verweis des Performativen auf ihr Abhandenkommen. Der Performance kommt so eine reale Qualität zu, die es ermöglicht, die Abhängigkeit von Zuseher und Akteur als Verhältnis von Sichtbarkeit und Begehren zu adressieren. So können auch mediale Dokumentationen des Performativen den Verlust schmerzhaft spürbar machen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, dass die Performance im Rahmen der Institution Kunst stattfindet. Im Gegenteil:
Institutions whose only function is to preserve and honor objects […] are intimately involved in the reproduction of the sterilizing binaries of self/other, possession/dispossession […] which are increasingly inadequate formulas for representation. [53]
Stellt bei Fischer-Lichte die Institution Kunst jene Rahmung dar, die es überhaupt erst ermöglicht, ohne Sanktionen eine Grenzüberschreitung zu vollziehen und nur so adäquat konsumiert werden kann,[54] leistet Phelans Berücksichtigung des Unbewussten eine Perspektive des Performativen jenseits ihrer institutionellen Rahmung. Angerer kommentiert: „Performance Art unternimmt demnach den Spagat, für einen Moment das zu zeigen, was sich zwischen Körper und Psychischem ereignet.“[55] Für die Dichotomie zwischen Präsenz und Repräsentation bedeutet dies zum einen, dass Präsenz auch in Form eines Verweises auf Abwesenheit erzeugt werden kann. Zum anderen ist die Beziehung von Präsenz und Repräsentation davon geprägt, dass Repräsentation durch einen Machtanspruch erzeugt wird, der oftmals von der Institution Kunst ausgeht.
Wie bei Fischer-Lichte zu sehen war, erfordern Performances ein rezeptives Publikum, das der Performance beiwohnt. Performative Körper agieren durch den Aufführungscharakter stets im Rahmen ihrer Institutionalisierung. Fischer-Lichte spricht sich dafür aus, dass Grenzüberschreitungen nur innerhalb dieses Rahmens stattfinden können. Die Autonomie der Kunst erlaubt dem Künstler eine sanktionslose Praxis gesellschaftlicher, wie körperlicher Grenzüberschreitungen. Die Handlungsmacht performativer Körper wird dabei als ästhetische Formulierung innerhalb der Institution Kunst ermöglicht. Daraus stellt sich die Frage, welche Materialitäten und Körperlichkeiten letztlich überhaupt in Fischer-Lichtes Ästhetik des Performativen erzeugt werden können. Welche Bedeutung kommt der institutionellen Rahmung für Körperlichkeiten zu, denen ein normativer Zugriff abseitig, oder gar abwesend ist?
Als Produktionsmaterial, namentlich dem eigenen Körper, lässt sich der Produzent nicht ohne das eigene Arbeitsmittel denken.[56] Wie zwischen Präsenz und Repräsentation nimmt Fischer-Lichte eine Unterscheidung vor: Sie verweist auf die historische Dichotomie des Körperlichen in das „leibliche In-der-Welt-Sein“[57] und der „Verkörperung“[58] einer theatralischen Figur. Anhand dieses Narrativs argumentiert sie für ein notwendiges „Sowohl-als-auch“[59] beider Denkfiguren. Sowohl der Leib des Darstellers als auch seine inszenierte, theatralische Figur, lassen sich nur in gegenseitiger Abhängigkeit denken. Der Darsteller überführt den eigenen Körper mittels künstlerischen Ausdrucks vom eigenen „Leib-Subjekt“[60] in ein Körper-Subjekt der dargestellten Figur. Als Vermittler verleiht der Performer seinem Publikum einen Ersatzkörper, durch den es sich selbst im Körper des Darstellers und in der dargestellten Figur, der „dramatis personae“, empfinden kann.[61] Dieser Moment erzeugt Präsenz. Jedoch bleibt dabei der Leib des Darstellers die „Bedingung der Möglichkeit jeder kulturelle[n] Produktion.“[62] Als embodiment bleibt der Akt der künstlerischen Hervorbringung menschlichen Körpern vorbehalten. Repräsentation wird hier zugunsten einer Verknüpfung von Leib und Milieu ausgelassen. Jedoch, so meine Vermutung, lässt sich die Rolle der Repräsentation nicht vorschnell aus der Gleichung herauskürzen. Denn wenn Fischer-Lichte argumentiert, dass Grenzüberschreitungen nur im Rahmen der Institution Kunst möglich sind, dann sind performative Körper auch stets durch die Institution Kunst gerahmt und stehen in einem realen Spannungsverhältnis zu ihr.
Embodiment als Vereinigung des Leibes und kultureller Umwelt, aus der die Welt erfahren wird, geht auf das Spätwerk des französischen Philosophen Merleau-Ponty zurück. Seine Theorie des Fleisches ist ein Versuch, die Möglichkeiten der Erfahrung aus der existenziell körperlichen Bedingung des eigenen Körpers herzuleiten.[63] Dabei sind Leib und Geist jedoch keine getrennten Einheiten.[64] Als „Fleisch“ bezeichnet Merleau-Ponty jenes Erleben, das mittels Leibes sensorisch wahrgenommen wird, um sodann geistig verarbeitet zu werden, um Bedeutung zu generieren:
Denn sie [die Anderen] sind keine Fiktionen, mit denen ich meine Wüste bevölkerte, […], sie sind vielmehr […] das Fleisch meines Fleisches. Zwar lebe ich nicht ihr Leben, sie bleiben definitiv entfernt von mir, und ich bleibe entfernt von ihnen. Aber diese Distanz erweist sich als eine seltsame Nähe, sobald man das Sein des Sinnlichen wiederfindet, denn das Sensible ist genau das, was mehr als einen Körper heimsucht, ohne sich vom Fleck zu rühren. [65]
Dabei steht der Geist, ebenso wie der Leib, in einem direkten Bezug zu seiner kulturellen und gesellschaftlichen Formung, seinem Milieu, aus dem er hervorging.[66] Jede Erkenntnis durchläuft so beide Instanzen, die geistige und körperliche, die als Einheit, als Einheit des Fleisches wahrgenommen wird. Wie Merleau-Ponty jedoch hervorhebt, sind beide Instanzen nicht ausgewogen. Die kulturelle, institutionelle Prägung ringt um die der sensorisch-sinnlichen Sphäre.[67]
Zwar begreift Fischer-Lichte performative Körper aus ihrer spezifischen, eigenen Kontextualität, wie Physiognomie und Kapazität.[68] Doch vermisst ihre Argumentation die der unbewussten Prägung durch das Milieu des Performers. Auch die Institution Kunst ist prägender Teil dieses Milieus. Da das „Phantasma einer vollkommenden Beherrschbarkeit des Körpers“[69] zur Hervorbringung von Bedeutung in zeitgenössischen Diskursen nicht mehr haltbar ist, weil Darsteller immer aus einer gewissen kulturellen, geistigen, körperlichen Herkunft ihre Arbeit hervorbringen, findet im Begriff embodiment eine notwendige Zäsur statt, die Erfahrung und Erzeugung von Bedeutung durch den individuellen Körper des Darstellers ermöglichen.
Körper, die sich einer normativen Zuschreibung entziehen, würden nach Fischer-Lichte nur als Grenzüberschreitung innerhalb des Framings der Künste geduldet werden. Dies spricht erst einmal dafür, dass die Institution Kunst tatsächlich eine sichere Zone für Nonkonfirmität schafft. Jedoch bedeutet dies zugleich, dass non-konforme Körper mit ihrer Eingliederung in die normative Struktur zu rechnen haben. Die Subsumption unter der Institution Kunst würde damit jegliche Form des Abseitigen redundant gestalten. Der Begriff des Performativen, wie ihn Fischer-Lichte vorschlägt, läuft unter der Ausklammerung der unbewussten Sphären (geschlechtlicher) Performativität Gefahr, embodiment als eine sprichwörtliche incorporation nicht-normativer Körper zu verstehen: „Es war allein die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Institution, die hier eine solche Zuordnung [als Kunst] erlaubte.“[70] Die von non-konformen Körpern erzeugte Präsenz spräche dann vielmehr für die Abwesenheit ihrer Möglichkeiten in den Künsten. Und dennoch spricht sich Fischer-Lichte für eine klare Trennung von Performance und alltäglicher Realität aus. Die Dramatisierung der kulturellen Einbettung sei nur innerhalb der Kunst hervorzubringen.[71]
Diese Übertragungsarbeit des Performers geht gleichermaßen mit einer „Entkörperlichung bzw. Entleiblichung“ einher, da sich das Ephemere gerade im Ringen des leiblichen Körpers um eine Erschaffung eines „‘rein‘ semiotische[n] Körper[s]“[72] entsteht. In diesem Wechselspiel von Darsteller und dargestellter Figur zeigt sich nach Fischer-Lichte das Flüchtige am performativen Körper. Sie bewegen sich so stets auch an der Grenze zu ihrem eigenen Abhandenkommen. Unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Theorie des Fleisches von Merleau-Ponty wäre zu argumentieren, inwiefern embodiment auch die Verkörperung der Institution Kunst meint und welche künstlerischen Verfahren es ermöglichten, jenseits der Autonomie künstlerischer Institutionalisierung zu blicken. Waren die Grenzüberschreitungen der Neo-Avantgarde wohlmöglich gerade deshalb folgenreich, weil sie als Kunst verhandelt wurden, so zeigen sich seit den 1970er Jahren zunehmend Grenzüberschreitungen in den performativen Künsten, die eine intrinsische, vorher unsichtbare, unbewusste Grenze überschritten. Sie verlassen die Ebene des rein körperlichen und stehen im direkten Bezug zur Lebensform des Künstlers als performativen Akteur eines Milieus.
Wir haben gesehen, dass performative Körper als embodiment an die Möglichkeiten ihres eigenen Leibes und ihrer kulturellen Einbettung gebunden sind. Fischer-Lichte argumentiert für eine Autonomie der Institution Kunst. Diese Rahmung erlaubt ein Ungleichgewicht präsenter und abwesender Körper. Sowohl in ihrer rein physischen als auch ihrer repräsentativen Form. Abwesende Körper stellen für Fischer-Lichte eine bewusste Auslotung der Grenzenzziehung in den Künsten dar. Für Körper, die sich jenseits normativer Zuschreibung bewegen und performative Arbeiten, die Grenzüberschreitung jenseits eindeutig definierter Grenzen (wie des Tabus) betreiben, ist es notwendig, auch die Funktion der Lebensform zu untersuchen. Denn wo bei Fischer-Lichte für eine Autonomie der Künste geschrieben wird, stellt sich diese als weitaus folgenreicher dar, möchte man die Normierung körperlicher Kondition kritisch betrachten. Wie gestaltet sich also An- und Abwesenheit in Anbetracht gesellschaftlich, ökonomisch, kulturell eingebetteter Lebensformen?
Giorgio Agambens Interpretation der Lebensform, als ein Versuch, die modernistische Konzeption des politisierten Menschen aus ihren vormodernen Entwicklungen und historischen Bedingungen herzuleiten, begründet er auf der Organisation des Lebens in die Spaltung zwischen zoé, dem nackten Leben, die „einfache Tatsache des Lebens“ und bíos, der Form des Lebens, dem Lebensstil, der Lebensart.[73] Dabei argumentiert Agamben, dass es kein bloßes, nacktes Leben ohne einer Lebensform geben kann:
Col termine forma-di-vita, intendiamo […] una vita che non può mai essere separata dalla sua forma, una vita in cui non è mai possibile isolare e mantenere disgiunta qualcosa come una nuda vita.[74]
Agamben begründet dies dadurch, dass jegliches menschliches Leben immer an Machtstrukturen gebunden ist.[75] Diesen Machtstrukturen geht der Wille einher, nicht nur die Lebensform menschlicher Entitäten zu bestimmen, sondern zugleich das körperlich, biologische, nackte Leben: „La vita, nello stato di eccezione divenuto normale, è la nuda vita che separa in tutti gli ambiti le forme di vita dalla loro coesione in una forma-di-vita.“[76] Wenngleich Agamben als Ethiker anhand politischer Krisen und historischen Machtansprüchen über das menschliche westliche Leben schreibt,[77] so lässt sich seine Theorie doch auch auf eine Zustandsfrage der Präsenz und Abwesenheit in der Ästhetik des Performativen anwenden. Wie wir bereits gesehen haben, stehen die performativen Künste in einem Spannungsverhältnis von An- und Abwesenheit, sowohl ihrer unmittelbaren Ästhetik als auch der aufführenden Körper. Wie bei Phelan zu sehen war, vollzieht sich ihre institutionelle Rahmung nicht ohne Machtansprüche seitens der Institution, aber auch seitens der Künstler. Wurde gerade in den performativen Künsten eine Eingliederung der Künste in das alltägliche Leben gefordert, stellt sich die Frage, inwiefern Performance heute noch eine Form der Lebenskunst im Sinne der bíos darstellen kann.
Die Subsumption durch ökonomische wie institutionelle Strukturen des Ästhetischen spräche zunächst dafür, Performance selbst als zoé, als Form des nackten Lebens, zu diskutieren. Nicht zuletzt muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich auch Performer in ihrer künstlerischen Tätigkeit zu vorherrschenden Marktbedingungen und dem Konsum durch ein Publikum verhalten müssen. Ihre körperliche Anwesenheit scheint notwendig zu sein, um eine Rezeption (und nicht zuletzt Entlohnung) ihrer Arbeit zu ermöglichen. Insofern wäre Kunst als Arbeit eine Realität, die sich nicht aus ihrer Qualifizierung definiert,[78] sondern aus ihrer ökonomischen, kulturellen, sozialen Notwendigkeit. Der niederländische Kunsttheoretiker Sven Lütticken diskutierte unlängst, dass Performance heute nicht mehr nur performative Künste, sondern den Begriff der Produktivität der Arbeit selbst meint: „In today’s economy, it not only refers to the productivity of one’s labor but also to one’s actual, quasi-theatrical self-presentation, one’s self-performance in an economy where work has become more dependent on immaterial factors.“[79] Künstlerische Arbeit findet heute vielmehr jenseits des modernistischen Werkbegriffs statt: „giving talks, going to opening, being in the right place at the right time.“[80] Damit weitete sich der Performancebegriff der 1960er Jahre und formt eine neue Form der Arbeit, die zwischen Kultur und Ökonomie operieren muss. Insofern wäre Fischer-Lichte zuzustimmen, wenn sie schreibt, dass sich künstlerische Arbeit nur im Feld der Institution Kunst entfalten kann, denn als Vermittlerin zwischen Ökonomie und Kultur erlaubt sie eine Grenzüberschreitung der Arbeitskraft des Künstlers. Auch die Arbeitsleistung des Künstlers unterliegt einer Grenzüberschreitung, die spezifisch für die Institution Kunst zu sein scheint, denn jenseits jeglicher Regulationen ermöglicht sie eine Überschreitung quantitativ erfassbarer Arbeitszeit und Arbeitsleistung. Eine qualitative Performance von Zeit tritt an die Stelle der einst messbaren und zu entlohnenden Arbeit. Die daraus resultierende „Ununterscheidbarkeit“[81] zwischen Arbeit und Freizeit, Arbeit und Leben, Performance und Leben spräche dafür, dass es keine Autonomie des Performativen jenseits des Marktes gäbe. Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer körperlichen Anwesenheit des Performers geht einher mit der seines nackten Lebens. Agamben schreibt:
Ma ciò implica una simmetria ulteriore, questa volta rispetto a quella nuda vita che, situandosi sulla soglia fra zoè e bios, fra physis e nomos, permette, attraverso la propria esclusione inclusiva, la vita politica.[82]
Die Überschneidung des nackten Lebens mit der Dichotomie von zoé und bíos ermöglicht so eine Politisierung des Lebens,[83] hier des Performativen, da das Performative stets in seiner kontextuellen Rahmung zu betrachten ist. Der Anwesenheit des Performers als Ausdruck seiner Lebensform, seiner Einbettung in ein Milieu wie der Institution Kunst, generiert mithilfe Agamben eine notwendige politische Ebene, auf der Machtansprüche artikuliert werden. Anders als bei Fischer-Lichte findet diese nicht allein innerhalb der Rahmung Kunst statt, sondern bewegt sich als Notwendigkeit zwischen nacktem Leben und Lebensform:
Esistenza e essenza, essere esistentivo e essere copulativo, zoè e bios sono oggi integralmente divaricati o altrettanto integralmente appiattiti l’uno sull’altro e il compito storico di una loro articolazione sembra ineseguibile. La nuda vita dell’Homo sacer […] appare fra di essi a testimoniare dell’impossibilità della loro identità come della loro distinzione: ‘ciò che era per x essere o vivere’ è ora soltanto nuda vita. Allo stesso modo […] non è più afferrabile come il medium di un compito storico, in cui l’essere poteva realizzare la propria identità con se stesso e gli uomini assicurare le condizioni di un’esistenza umana, cioè politica.[84]
Wuchsen also die performativen Künste in ihrem historischen Wandel immer mehr in die Sphären des alltäglichen, politischen, wirtschaftlichen Lebens, so lässt sie sich heute argumentieren, dass das nackte Leben selbst von den Künsten eingenommen ist. Nicht die Performance ist nacktes Leben, sondern das Leben selbst wurde zur Lebensform der Künste. Institutionelle wie unbewusste Machtansprüche, wie sie Phelan für die performativen Künste eingeführt hat, lassen sich mit Agamben als Kontrollmechanismen über Lebensformen erweitern. Für unser Begriffspaar der Ab- und Anwesenheit ist es mehr als das bloße physische, leibliche Dasein des Performers während seiner Aufführung, das ausschlaggebend ist. Und vielmehr als die bloße Teilhabe an der Institution Kunst, deren Autonomie nach Fischer-Lichte eine sanktionsfreie künstlerische Praxis ermögliche, bedarf eine Untersuchung der Formen der Abwesenheit in den performativen Künsten eine Berücksichtigung der Produktions- und Lebensverhältnisse des Performers, da sie eine wechselseitige Relation eingehen. So geht eine „disziplinarische Kontrolle“[85] sowohl von der Institution Kunst aus, wie wir bereits bei Phelan sahen, doch überdies gestaltet sich die Idee der Autonomie (performativer) Künste als jene Instanz, die „ursprünglich am Rand der Ordnung angesiedelt, im Gleichschritt mit dem Prozeß, durch den die Ausnahme überall zur Regel wird, immer mehr mit dem politischen Raum zusammenfällt.“[86]
Im Folgenden sollen drei künstlerische Verfahren und Formen der Abwesenheit präsentiert werden. Diese dienen als Beispiele der nun vorangegangenen theoretischen Untersuchung und Kritik. Die Auswahl der Beispiele soll damit ein besonderes Augenmerk auf die vorgestellten Kategorien der Präsenz, des Körpers und der Lebensform bieten.
Die Verschränkung von Kunst und Leben wird bei Lee Lozano sehr direkt angesprochen. In ihrem seit 1970 realisiertem Werk Dropout Piece verkündet die Konzeptkünstlerin, sich vollständig aus dem Kunstgeschehen zurückzuziehen.[87] Lozanos malerische Praxis fand bereits ein Jahr zuvor eine Zäsur.[88] Im Zuge der Hinwendung zur Concept Art kontrasiert das konzeptuelle Werk der Dropout Pieces mit Lozanos figurativen Malereien, die oftmals Körper und Werkzeuge in libidinöser Verschränkung präsentieren. So entzog sich Lozano im Rahmen ihrer Dropout Pieces nicht nur der Kunstwelt. Weitere Negierungen sollten folgen, wie etwa 1971 durch Lozanos Entschluss, den Kontakt zu Frauen zu boykottieren. Sie selbst notierte sich zu ihrer Ankündigung der Performance im Rahmen des General Strike Piece:
"GRADUALLY BUT DETERMINEDLY AVOID BEING PRESENT AT OFFICIAL OR PUBLIC ‘UPTOWN’ FUNCTIONS OR GATHERINGS* RELATED TO THE ‘ART WORLD’ IN ORDER TO PURSUE INVESTIGATION OF TOTAL PERSONAL & PUBLIC REVOLUTION." [Anm., Herv. i. O.] [89]
Für Lozano kam kein Protest in Frage, die nicht zugleich auch eine Revolution der Wissenschaft, der Erziehung, der Politik, der Drogen, der Sexualität, usw. wäre.[90] So stieß sie sowohl bei Ihrem Redeanteil an der Verkündigung der New Yorker Kunstproteste auf großen Widerstand. Auf den ersten Blick lassen sich Lozanos Forderungen einer totalen Revolution durchaus den politischen Unruhen im Laufe der 1968er lesen, der zunehmenden Politisierung der Gesellschaft, Studentenprotest und Radikalisierung der Linken. Doch handelt es sich bei Lozano nicht um den Versuch ein autonomes Selbst auszurufen. Wie Lozano selbst angibt, sollte ihr Rückzug aus der Kunstwelt, ihre Meidung mit weiblichen Personen in Kontakt zu treten, nur vorübergehend sein.[91] Ebenso entspricht ihre Arbeit nicht dem Bild eines Streikes selbst, der eine Niederlegung der Arbeit darstellt: Für Lozano gestaltete sich die eigene Versagung der künstlerischen Arbeit als Arbeit selbst. So schreibt der amerikanische Kunsthistoriker Jo Applin im October Magazine: „For Lozano, dropping out was not simply a matter of stopping work. On the contrary, she claimed, ‚Dropout Piece is the hardest work I have ever done.‘“[92] Lozanos “Selbstregulierungen”[93] nahmen ihr so zugleich jede politische Stimme, denn sie entzog sich fortan jeglicher öffentlicher Sichtbarkeit.[94] Abwesenheit steht bei Lozano in direktem Bezug zu ihrer Präsenz. Beide können nur miteinander gedacht werden. Zum einen verkündete sie ihren Boykott im Rahmen einer Protestkundgebung und konnte damit anfangs noch eine Botschaft aufrechterhalten. Doch mit der Fortführung ihrer Verweigerung der Arbeit als eigentliche Arbeitshaltung selbst, geriet Lozano immer weiter ins gesellschaftliche und künstlerische Abseits.[95] Ihre künstlerische Arbeit, wie ihre Person als Künstlerin selbst, zeigen sich durch das Dropout Piece als „gleichzeitig und entschlossen an- und abwesend.“[96] Die Grenze zwischen der Institution Kunst und dem Leben verschwimmen hier so weit, dass ihr Werk des Selbstausschlusses gar nicht mehr innerhalb der Institution Kunst gezeigt werden kann. Man könnte argumentieren, dass es gerade die Institution Kunst ist, die eine Verweigerung an der Teilhabe am Kunstgeschehen ermöglichst, doch würde man hierbei übersehen, dass Lozanos Arbeit kein definiertes Ende gefunden hat, auf des es mit institutionellem, oder kunsthistorischem Blick eindeutig zu bestimmen sei. Was letztlich in den Jahren nach ihrem Austritt aus der Kunstwelt passierte ist unklar. Die Kunstwelt selbst drohte sie bereits zu vergessen.[97]
Eine weitaus tragischere Figur der Abwesenheit ist dem letzten Werk des niederländischen Konzeptkünstlers Bas Jan Ader eigen. Zunächst als dreiteiliges Werk konzipiert, endet seine Arbeit In Search of the Miraculous abrupt mit seinem vollständigen und endgültigen Verschwinden. Dem ersten Teil der Arbeit One Night in Los Angeles, der aus einer einsamen Begehung der Stadt und 18 daraus dokumentierten Schwarzweißfotografien besteht, sollte im zweiten Teil der Arbeit eine Segelfahrt über den Nordatlantik folgen. Dabei setzte sich Ader das Ziel, eine West-Ost Überquerung des Atlantiks zu unternehmen, um so dann von einem Chor seiner Studierenden in Irland empfangen zu werden. Wie der Kunstwissenschaftler Jan Verwoert ausführt, ist Aders letzte Arbeit „the consequent realisation of an idea, the idea of the romantic tragic hero on a quest for the sublime.“[98] Ader verschwand spurlos auf dem Ozean. Lediglich sein Segelboot, die Ocean Wave konnte später aufgefunden werden und die Arbeit endete. Ob die hier vorliegende Form der Abwesenheit eine zuvor kalkulierte, geplante Tragödie darstellt, oder ob es sich um einen tragischen Unfall handelte kann heute nicht eindeutig bestimmt werden: „[T]hrough his disappearance and death, Ader came to embody this role of the romantic tragic hero in an unexpected and irrevocable way. The work is about the idea of the tragic and is itself a tragedy [Herv. i. O.].”[99] Zum einen beinhaltet die Arbeit Aders einen unmittelbaren menschlichen Verlust, zum anderen kann die Konsequenz und Bedeutsamkeit ihrer experimentellen, konzeptuellen Dimension nicht geleugnet werden.[100] Nicht zuletzt spielt Ader mit der romantischen Figur des verschwundenen Helden. Es ist zwar die Natur, die gewinnt, doch Ader setzt sich ihr sehr bewusst aus. Er überlässt sich der Naturgewalt und in dieser Auslieferung der eigenen Existenz lässt sich ein kritisches Verhalten zur Abwesenheit ablesen.[101] Theatralität und Tragödie werden in den Arbeiten Aders zur allgegenwärtigen Figur der Arbeit. Das Verschwinden des Künstlers als tragische Figur ist sowohl Inszenierung als auch bittere Realität: Diese Konzeption bringt das unmittelbare eigene, das nackte Leben mit der Romantisierung ihrer Lebensform in ein ambivalentes Verhältnis zueinander. Die Tragödie als ästhetische Form steht im Widerspruch zur existenziellen Erfahrung Aders selbst.[102] Wie bei Ader zu sehen ist, kann die Abwesenheit des Künstlers in den performativen Künsten bis zu seinem vollkommenden Verschwinden eskalieren. Dabei erschafft er gleichzeitig ein tragisches Narrativ, das auf eine lange Tradition verschwundener Helden zurückblickt und eine Präsenz konserviert. Die Interpretation der Arbeit selbst kann nur offenbleiben, möchte man dem menschlichen Verlust gerecht werden. Ader zeigt, dass die Grenzen der Institution Kunst sehr wohl dort enden, wo das Existentielle eine Variable wird.
1. Vgl. Angerer, Marie-Luise: Performance und Performativität. In: Butin, Hubertus [Hrsg.]: Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. Köln: Snoeck, 2014. S. 282.
2. Vgl. Bigsby, Christopher William Edgar: Zen, Happenings, Artaud, Grotowski. In: Bigsby: A Critical Introduction to Twentieth-Century American Drama: Volume 3 - Beyond Broadway, Cambridge: Cambridge University Press, 1985. S. 45.
3. Vgl. V. Hantelmann, Dorothea: ‚I Promise It’s Performative’. Zum Verhältnis von Performativität und zeitgenössischer Kunst. In: Erstic, Marijana; Schuhen, Gregor; Schwan, Tan-ja [Hrsg.]: Avantgarde – Medien – Performativität: Inszenierungs- und Wahrnehmungsmuster zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: transcript Verlag, 2005. S. 27.
4. Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2004. S. 23.
5. Gronau, Barbara: Aktion. In: Fischer-Lichte, Erika (u.a.) [Hrsg.]: Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 2014. S.3. Fischer-Lichte, 2004. S. 55.
6. Fischer-Lichte, 2004. S. 56.
7. Anm.: Das genannte Primat der Praxis findet sich im deutschsprachigen Raum beispielhaft in Jörg Immendorfs großformatiger Malerei „Wo stehst du mit deiner Kunst, Kollege?“ von 1973 wie eine Ikone des Aufrufs wieder. Ein Außenstehender protestierender Mann, des-sen Physiognomie an Rudi Dutschke erinnert, tritt von der Straße in das Atelier des Ma-lers und fordert ihn gestisch zur Teilhabe des Protests auf.
8. Thomas, Karin: DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Köln: DuMont, 1989. S. 86.
9. Fischer-Lichte, 2004. S. 356.
10. V. Hantelmann, Dorothea, 2005. S. 30.
11. Fischer-Lichte, 2004. S. 350.
12. Anm.: „Denn die Aura ist an sein Hier und Jetzt gebunden. Es gibt kein Abbild von ihr. Die Aura, die auf der Bühne […] ist, kann von der nicht abgelöst werden, die für das lebendige Publikum um den Schauspieler ist […]. Das Eigentümliche der Aufnahme […] aber besteht darin, daß sie an der Stelle des Publikums die Apparatur setzt.“ Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Ebd. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2003. S. 25.
13. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S 173.
15.Vgl. Phelan, Peggy: The Ontology of performance: Representation without Reproduction. In: Phelan: Unmarked. The Politics of Performance. London, New York: Routledge, 1993. S. 146.
16. Vgl. Angerer 2014, S. 283.
17. Vgl. Fischer-Lichte, 2004, S. 127.
18. Vgl. Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Es-says. Boston: Beacon Press, 1989. S. 8.
19. Vgl. Fried, Michael: Art and Objecthood. Essays and Reviews. Chicago, London: University of Chiacgo Press, 1998. S. 2; S. 48.
20. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 173.
21. Fischer-Lichte, 2004. S. 174.
22. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 174.
23. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 127.
24. Vgl. ebd.
25. Ebd.
26. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 128.
27. Vgl. ebd.
28. Fischer-Lichte, 2004. S. 280.
29. Fischer-Lichte, 2004. S. 255.
30. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 255 f.
31. Fischer-Lichte, 2004. S. 258.
32. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 261.
33. Fischer-Lichte, 2004. S. 257.
34. Angerer, 2014. S. 283.
35. Fischer-Lichte, 2004. S. 264.
36. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 269.
37. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351f.
38. Fischer-Lichte, 2004. S. 352.
39. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
40. Fischer-Lichte, 2004. S. 353.
41. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351.
42. Vgl. Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Es-says. Boston: Beacon Press, 1989. S. 9.
43. Vgl. Krauss, Rosalind: The Originality of the Avant-Garde and Other Modernist Myths. Cambridge: MIT Press, 1985. S. 2.
44. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 355
45. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 356f.
46. Vgl. Phelan, 1993. S. 146.
47. Vgl. ebd. S. 147.
48. Ebd.
49. Vgl. ebd. 149.
50. Vgl. ebd. S. 164f. [Anm.: Phelan bezieht sich auf Jacques Lacans Begriff des Objekt a („ob-jet petit a“), das durch seine Unerreichbarkeit als Zielobjekt grundlegend das begehrende Subjekt motiviert.]
51. Vgl. ebd. S. 152.
52. Vgl. ebd. S. 164.
53. Phelan, 1993. S. 165.
54. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
55. Angerer, 2014. S. 283.
56. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
57.Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
58. Fischer-Lichte, 2004. S. 130.
59. Fischer-Lichte, 2004. S. 357.
60. Fischer-Lichte, 2004. S. 129.
61. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 131.
62. Fischer-Lichte, 2004. S. 153.
63. Vgl. Merleau-Ponty, Maurice: Phenomenology of Perception. London, New York: Routledge, 2002. S. 185.
64. Vgl. ebd. S. 31f.
65. Merleau-Ponty, Maurice; Bermes, Christian [Hrsg.]: Zeichen. Hamburg: Felix Meiner Ver-lag, 2007. S. 20.
66. Vgl. Merleau-Ponty, 2002. S. 94.
67. Vgl. ebd. S. 249.
68. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 136f.
69.. Fischer-Lichte, 2004. S. 137.
70. Fischer-Lichte, 2004. S. 352.
71. Vgl. Fischer-Lichte, 2004. S. 351.
72. Fischer-Lichte, 2004. S. 133.
73. Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frank-furt/Main: edition suhrkamp, 2002. S. 11.
74. Agamben, Giorgio: L’uso dei corpi. Homo sacer, IV, 2. Vicenza: Neri Pozza Editore, 2014. S. 395f.
75. Vgl. Agamben, 2014. S. 396.
76. Agamben, 2014. S. 399.
77. Agamben, 2002. S. 14. [Anm.: Es sind vor allem die großen Tragödien der Moderne, wie etwa der Holocaust und „die Struktur der großen totalitären Staaten des 20. Jahrhunderts“ (ebd.) anhand derer Agamben arbeitet.]
78. Vgl. Agamben, 2002. S. 11.
79. Lütticken, Sven: General Performance. In: e-flux Journal, Nr. 31, Januar 2012. https://www.e-flux.com/journal/31/68212/general-performance/ Zuletzt aufgerufen: 22.08.2019, 12:08 Uhr.
80. Ebd.
81. Agamben, 2002. S. 19.
82. Agamben, 2014. S.166.
83. Vgl. Agamben, 2002. S. 14.
84. Agamben, 2014. S. 264.
85. Agamben, 2002. S. 13.
86. Agamben, 2002. S. 19.
87. Anm.: Lozanos Dropout Piece geht der General Art Strike von 1969 voraus, im Zuge dessen Künstler wie Museen und Galerien ihre Arbeit niederlegten, Ausstellungsbeteiligungen ab-sagten und das Kunstgeschehen boykottierten, um für ein Ende des Vietnamkriegs zu pro-testieren. Kurz darauf folgten weitere Protestaktionen, die sich teilweise mit den Studen-tenprotesten der späten 1960er Jahre, mit der aufkommenden neuen Frauenbewegungen, sowie Rassenprotesten zusammenschlossen, oder mit diesen sympathisierten.
88. Vgl. Applin, Jo: Hard Work: Lee Lozano’s Dropouts. In: October Magazine 156, Massachu-setts: Massachussetts Institute of Technology, 2016. S. 76.
89. Applin, 2016. S. 89.
90. Vgl. Ebd. S. 86.
91. Vgl. Ebd. S. 88.
92. Ebd. S. 77.
93. Joseph, Branden W.: Lee Lozanos Traum des Lebens. In: Texte Zur Kunst. https://www.textezurkunst.de/articles/joseph-lozanos-traum-des-lebens/ 06. Juli 2018, zuletzt aufgerugen 29.08.2019, 12:12 Uhr
94. Vgl. Applin, 2016. S. 98.
95. Vgl. Applin, 2016. S. 99.
96. Ebd.
97. Vgl. Ebd. S. 98.
Abramović, Marina: Walking Through Walls. A Memoir. New York: Crown Publishing, 2016.
Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2002.
Agamben, Giorgio: L’uso dei corpi. Homo sacer, IV, 2. Vicenza: Neri Pozza Editore, 2014.
Angerer, Marie-Luise: Performance und Performativität. In: Butin, Hubertus [Hrsg.]: Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. Köln: Snoeck, 2014. S. 280 – 284.
Applin, Jo: Hard Work: Lee Lozano’s Dropouts. In: October Magazine, Ausgabe 156 (Frühling 2016). Massachusetts: MIT Press, 2016. S. 75 – 99.
Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2004. S. 7- 45.
Bigsby, Christopher William Edgar: Zen, Happenings, Artaud, Grotowski. In: Bigsby: A Critical Introduction to Twentieth-Century American Drama: Volume 3 - Beyond Broadway, Cambridge: Cambridge University Press, 1985.
Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt/Main: edition suhrkamp, 2004.
Fried, Michael: Art and Objecthood. Essays and Reviews. Chicago, London: University of Chiacgo Press, 1998.
Greenberg, Clement: Avant-Garde and Kitsch. In: Greenberg, Clement: Critical Essays. Boston: Beacon Press, 1989. S. 3 – 21.
Gronau, Barbara: Aktion. In: Fischer-Lichte, Erika (u.a.) [Hrsg.]: Metzler Lexikon Theater Theorie. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 2014. S. 1 – 4.
Krauss, Rosalind: The Originality of the Avant-Garde and Other Modernist Myths. Cambridge: MIT Press, 1985.
Merleau-Ponty, Maurice: Phenomenology of Perception. London, New York: Routledge, 2002.
Merleau-Ponty, Maurice; Bermes, Christian [Hrsg.]: Zeichen. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 2007.
Phelan, Peggy: The Ontology of Performance: Representation without Reproduction. In: Phelan: Unmarked. The Politics of Performance. London, New York: Routledge, 1993. S. 146 – 166.
Richards, Mary: Marina Abramovic. London/New York: Routledge, 2010.
Thomas, Karin: DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Köln: DuMont, 1989.
Verwoert, Jan: Bas Jan Ader – In Search of the Miraculous. London: Afterall Books, Central Saint Martins, 2006.
V. Hantelmann, Dorothea: ‚I Promise It’s Performative’. Zum Verhältnis von Performativität und zeitgenössischer Kunst. In: Erstic, Marijana; Schuhen, Gregor; Schwan, Tanja [Hrsg.]: Avantgarde – Medien – Performativität: Inszenierungs- und Wahrnehmungsmuster zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Bielefeld: transcript Ver-lag, 2005.
Internetquellen
Artforum, https://www.artforum.com/news/yvonne-rainer-accuses-marina-abramovic-and-la-moca-of-exploiting-performers-29348 [11.11.2011, 11:38 Uhr], o.A. Zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:25 Uhr.
Joseph, Branden W.: Lee Lozanos Traum des Lebens. In: Texte Zur Kunst. https://www.textezurkunst.de/articles/joseph-lozanos-traum-des-lebens/ 06.06.2018, Zuletzt aufgerufen 29.08.2019, 12:12 Uhr
Lütticken, Sven: General Performance. In: e-flux Journal, Nr. 31. Januar 2012. https://www.e-flux.com/journal/31/68212/general-performance/ 31.01.2012. Zuletzt aufgerufen: 22.08.2019, 12:08 Uhr.
Museum of Modern Art: „Marina Abramović: The Artist Is Present“, in: The Museum of Modern Art, https://www.moma.org/calendar/exhibitions/964 [o.A.] Zuletzt aufgerufen: 27.08.2019, 15:58 Uhr.